Seymor lächelte verschmitzt, als Alyssa ihm gebot sich wegzudrehen. Wenn sie wüsste, was er schon alles mit ihr angestellt und von ihr gesehen hatte, ging es ihm kurz durch den Kopf, bevor er jedoch im Bad verschwand - weiterhin schmunzelnd und ob ihrer Reaktion für einen Moment sogar den traurigen Part dieses Dilemmas vergessend. Etwas das sich schnell wieder änderte, als er sich im Bad auszog und im Spiegel betrachtete. Über sein zuvor unversehrtes Gesicht lief auf der linken Wange, vom Kinnansatz bis kaum 1cm unterhalb des Augenlids, eine Narbe. Vorsichtig strich er darüber. Obwohl sie durch die Rötung stark zu sehen war, konnte sie nur oberflächlich sein, denn sie schmerzte nicht einmal, als er darüber strich. Er hoffte, dass sie bald wieder vergehen würde und nicht als Erinnerung an dieses Ereignis zurückbleiben würde. Dann drehte er sich halb mit dem Rücken zum Spiegel und seine Augen weiteten sich vor Schmerz, da er bereits mit der leichten Drehung ein Ziehen der Wunde verursachte. Sie war noch sehr stark gerötet und anders als die andere war offensichtlich, dass der Dolch tief eingedrungen war. Vorsichtig strich er darüber. Das Gewebe war rau und zeigte nur zu deutlich, dass eine Narbe zurückbleiben würde. Er strich die gut 5 cm breite und fast 1cm breite Wunde entlang. Es fühlte sich ungut an und pochte unsanft. Es würde wohl noch die Nacht brauchen, bis es zu schmerzen aufhörte, doch er konnte wohl dankbar sein, dass er den Großteil seiner Heilung verschlafen hatte. Dann war da noch eine wunde Stelle. Auch sie war sehr lange, sogar noch länger als die andere und zog sich von seinem linken Schulterblatt den Rücken hinab. Jedoch war sie schon nahezu verheilt und nur noch an einer dünnen roten Linie erkennbar. Nun allem in allem hatte er wohl noch mal Glück im Unglück gehabt. Das Ganze hätte viel schlimmer für ihn ausgehen können und so weit er das beurteilen konnte, war er nahezu glimpflich davon gekommen. Doch dennoch wollte er jetzt nur noch unter die Dusche. Selbst in seinen Haaren klebte Blut und es wunderte ihn, dass sie tatsächlich kaum aufgefallen waren bei ihrem Weg hier herauf, eine Tatsache die wohl großteils Alyssas Einfall und ihrer schauspielerischen Leistung zugute kam. Er dreht das Wasser auf, zog auch die Hose und den Rest der Kleidung aus und stellte sich unter das Wasser.
Obwohl Seymor es eigentlich hasste heiß zu duschen und im Normalfall eher kühl duschte, drehte er das Wasser so heiß auf, dass es auf seiner Haut nahezu brannte. Doch trotz des "schmerzlichen Bremselns", besonders als das heiße Wasser über die Wunden lief, war es eine Wohltat. Es fühlte sich nahezu so an, als würde die Hitze die Erinnerungen und die Taten heraus brennen und das Wasser alles mit sich fortschwemmen, so wie es auch mit dem Blut, dem Schweiß und dem Dreck geschah, den er im Bach nicht abbekommen hatte.
Er ließ sich viel Zeit beim Duschen und gegen Ende war seine Haut sogar gerötet von dem heißen Wasser, doch er hatte sich daran gewöhnt und empfand es nur noch geringfügig als unangenehm. Er wusste nicht genau wie lange er gebraucht hatte, aber als er nach dem Abtrocknen und in Boxershorts gekleidet aus der Tür trat, stellte er fest, dass es wohl eine ganze Weile gewesen war, denn es erwartete ihn bereits ein Buffet und Alyssa, die auf dem Bett saß und ihn angrinste mit bereits einem Teller, auf den sie sich etwas zu Essen geholt hatte. Dann jedoch fiel sein Blick auf das Buch, das sie in Händen hielt und sie fragte ihn, ob er das gemacht hätte. Seymor kam näher und erst da erkannte er altertümliche Zeichnungen - zumindest empfand er sie so - die Alyssa darstellten. In allen möglichen Posen. Seymor schüttelte den Kopf und sah sie an. Um ehrlich zu sein, hatte er keine Ahnung wer das gemacht hatte, er kannte zwar den Bucheinband und er wusste, dass Alyssa das Buch wichtig war, allerdings wer das gemalt hatte oder wieso es ihr wichtig war, wusste er nicht so genau. Sie waren sich zwar sehr nahe, näher als Seymor je einen Menschen an sich herangelassen hatte und dennoch hatten sie wohl beide Teile der Vergangenheit, die sie einander noch nicht erzählt hatten. Seymor nahm sich was vom Buffet und setzte sich dann neben Alyssa. "Nein, ich bin kein sonderlich guter Zeichner. Ich spiele lieber Violine." Er wusste nicht genau wieso, aber aus irgendeinem Grund hatte er ein gewisses Bedürfnis Alyssa von den Bildern abzulenken. Wer es auch war, er schien sie gut zu kennen und er schien ihr einiges zu bedeuten, auch wenn sie sich jetzt nicht daran erinnerte und das veranlasste Seymor ihn im Moment als Bedrohung anzusehen. Jetzt, da Alyssa jederzeit gehen könnte. Natürlich, das hätte sie auch zuvor gekonnt, aber da war er sich doch um einiges sicherer darüber gewesen, dass sie bei ihm bleiben wollte. Im Gegensatz zu jetzt. Dann sah er ihr wieder in die Augen, nachdem er das leichte Durcheinander, das sie am und im Bett veranstaltet hatte, überschaut hatte. "Und sind ein paar Erinnerungen zurückgekehrt?"
Violine? Sie horchte auf und schaute sich um. Auf den ersten Blick konnte sie keine Violine sehen. Aber vielleicht hatte er sie weggeräumt. Außerdem wäre es wohl keine gute Idee. Alyssa warf noch einen letzten Blick in das Buch auf ihrem Schoß und schloss es dann. Vorsichtig ließ sie es in die Tasche gleiten und schaffte alles wieder vom Bett in ihren Rucksack. Erinnerungen? Sie schaute Seymor traurig an und schüttelte den Kopf. „Erinnerungen... Nein. Dafür einige Erkenntnisse...ohne dich hätte ich ja noch nicht mal meinen Namen gewusst oder mein Alter...“, zumindest wusste sie auch, dass sie laut Ausweis 24 war. Alyssa wand den Blick wieder ab und wirkte verwirrt, wie so oft in den letzten Paar Stunden. Eigentlich war die Verwirrung Dauerzustand. „Na ja, ich habe erfahren, dass ich ein illegales Geldkonto hab und anscheinend irgendwelchen okkulten Scheiß betreibe...“, sie nickt zu den Büchern in dem Rucksack. „Und das da!“, sie zeigte mit der Hand auf die Karte, die ausgebreitet vor ihr lag, während sie näher an Seymor heran rutschte, so dass sie hinter ihm sitzen würde. Da sie dachte, dass er sich nah ihr umdrehen würde, legte sie eine Hand auf seine Schulter und gab ihm mit der leichten Berührung zu verstehen sitzen zu bleiben, so dass er sich nur nach ihr umschauen konnte.
„Ich bin scheinbar ganz groß im Planen...“, ihre kühle Hand glitt von seiner Schulter ganz leicht hinab. „Auf der Karte da ist die gesamte Strecke über die 61. bis zum Pigeon River eingezeichnet, dann runter von der Straße, an der Küste entlang und über die Grenze nach Kanada bis zum Thunder Bay und weiter nach Winnipeg.“ Ihre Finger strichen kaum über die geröteten Stellen und die raue Haut. „Aber was ich da wollte, in Kanada, weiß ich immer noch nicht...“ Sie saß ganz dicht bei ihm, darum bemüht, dass ihre Finger nicht noch mehr Schmerzen verursachten, da die Verletzung noch sehr frisch war. Sie ließ ihre Berührung an den unverletzten Stellen auf seinem Rücken, auf der nackten Haut auslaufen und strich einmal mehr als notwendig seinen Rücken hinauf. Sie mochte wie sich seine Haute anfühlte und sie mochte den Geruch, der ganz leicht von ihm ausging und wahrscheinlich viel mehr von der Seife stammte, die sich mit seinem eigenen Geruch vermischt hatte. „Die müssen noch ziemlich weh tun?“; hauchte sie über seine Schulter und wurde sich bewusst, wie nahe sie ihm war und er war nicht zurück gewichen. Wahrscheinlich waren sie wirklich ein Paar. Und wenn sie ihn danach fragte und sie es doch nicht waren... es würde alles komplizierter machen, als notwendig. Schnell, bevor er sich zu ihr umdrehen konnte, war Alyssa wieder auf den Beinen und holte das Kühlelement, das sie ganz dünn in das Verbandszeug einschlug und wieder zu Seymor trat. „Unfall hin oder her. Das könntest du wirklich brauchen. „ Sie reichte es ihm und suchte seine Augen. „Wenn du möchtest, kann ich für dich noch Schmerzmittel besorgen, wäre nicht verwunderlich bei den Blessuren, die du davon getragen hast.“ Dann trat sie wieder an den kleinen Wagen mit dem Essen und häufte Seymor von allem einen Teller voll, den sie mit nahm und Seymor auch rüber reichte, als sie sich wieder setzte und ihn zweifelnd betrachtete. „Wir sollten heute von hier verschwinden... aber... du solltest dich besser erholen und nach Winnipeg sind es gute 800 oder sogar 900 Kilometer. Ich schätze, es wäre besser, wenn wir eine Rast einlegen... auch wenn ich nicht weiß, wie lange wir unterwegs sind... aber der Thunder Bay ist weit genug weg um das Heute hinter uns zu lassen.“ Fortwähren hatte ihre Stimme verunsichert geklungen, sie hatte in seinen Augen nach Bestätigung gesucht.
Sie saß noch eine Zeit lang da und wartete seine Reaktion ab, bis sie sich dann erhob und im Bad ihrerseits verschwand. Doch das Rauschen des Wasser spülte nur den Dreck weg, aber nicht ihre Verwirrung und auch nicht dieses Gefühl der Hoffnungslosigkeit. Des Verlorenseins. Ganz gleich was Seymor ihr sagen würde, was er ihr erklären würde, er würde nichts daran ändern können. Sie wusste nicht, wohin sie gehen sollte, ob es richtig war mit ihm zu gehen, was sie überhaupt antrieb. Sie wusste nicht wer sie war. Und die Bilder von Blut und Leichen tauchten vor ihren Augen auf, sobald sie sie schloss. Wer war sie? Und dann diese Bücher, die kein bisschen weiter halfen. Sie fühlte sich allein, auch wenn er neben ihr war. Aber jetzt, da sie allein war, wurde es noch schlimmer. Und so sehr sie auch in Selbstmitleid zerfließen wollte, sie konnte es dennoch nicht. Keine Träne, obwohl er sie nicht hätte hören können. Das Einzige, was die Verzweiflung brachte, waren Wut und Enttäuschung. Um sich nicht länger mit diesen Gedanken beschäftigen zu müssen, stieg sie nach kaum zehn Minuten wieder aus der Dusche. Sie beschloss in ihre Unterwäsche und ihr Shirt zu schlüpfen und sich noch ein wenig auszuruhen.
Kaum aus dem Badezimmer heraus, faltete sie wortlos die Karte zusammen, die sie in den Rucksack steckte, und schlüpfte unter die Decke. Alyssa versank bis zur Nase darin und schaute Seymor fragend unter der Decke hervor an. An ihren grauen Augen sah man jedoch, dass sie unter der Decke grinste und eine Hand schob sich unter der Decke hervor, die einladend neben sich aufs Bett tippte. Sie wartete, bis er erstaunlicherweise neben ihr Platz genommen hatte. Langsam schob sie sich näher an ihn heran und schmiegte sich an ihn. Ihr Körper passte perfekt an seine Konturen. Bald lag ihr Kopf an seiner Schulter und ihr Atmen und ihr Herzschlaf wurden ruhiger. Sie fühlte sich entspannt, sogar wohl und die Müdigkeit vertrieb alle Zweifel und sogar die Verwirrung. Sie nestelte noch herum und ihr Arm landete im Halbschlaf um ihn geschlungen. Erstaunlicherweise war Alyssa so an Seymor geschmiegt bald eingeschlafen.
Seymor stellte zufrieden fest, dass er Interesse in ihrem Gesicht erkennen konnte, als er von der Violine sprach. Nun womöglich könnte er ihr Herz ja mit seiner Musik erneut gewinnen, falls sie tatsächlich vor hätte zu gehen, doch noch schien es ihm nicht so und auch war der Moment nicht wirklich angebracht dafür. Und ihr Gedächtnis? Machte also noch keine Fortschritte. Eine ernüchternde Antwort, allerdings war es wohl auch zu viel verlangt. Der Kampf lag ja gerade mal erst ein paar Stunden zurück. Al sie schließlich mit ihrer Selbstfindung und den Vermutungen, die sie über sich selbst angestellt hatte, herausrückte, musste Seymor grinsen. Wenn sie wüsste! Seymor sah sich die Karte an und wusste, dass es die war, die Alyssa sonst auch immer studiert hatte, doch wo genau sie hinführte oder welchen Weg die Route anzeigte, war ihm ein Rätsel. Das Lesen von Karten langweilte ihn sogar noch mehr als das gewöhnliche Lesen es schon tat. Dann nickte er immer noch ob ihrer Worte grinsend. "Da hast du wohl bei allem Recht." Er wollte ihr nicht zu viel sagen, solange es nicht nötig war. Demnach dass sie sich an nichts erinnern konnte und mit okkultem Scheiß wohl ihren Standpunkt der "magischen" Welt gegenüber ausdrückte, war es wohl nicht die beste Idee, wenn er ihr jetzt sagte, dass sie einerseits Vampir und andererseits Feuerelementar oder so etwas war. Seymor wusste nicht mehr genau was Alyssa dazu gesagt hatte, denn es war ihm eigentlich egal, Alyssa war Alyssa für ihn und er würde es nicht so tun wie man es stets bei ihm getan hatte und sich auf irgendeine Spezies oder Rasse oder was auch immer beschränken. Immerhin hatte es Alyssa bei ihm ja auch so gehandhabt. Doch zumindest wusste er jetzt, dass es wohl auch keine all zu gute Idee war sich im Moment vor ihren Augen zu verwandeln. Wäre wohl besser, er würde sich einstweilen darauf beschränken als Mensch herumzulaufen. Was ihm seit der Zeit, die er nun mit Alyssa verbrachte, stetig leichter fiel.
Dann fühlte er wieder ihre weichen Finger auf seinem Rücken. Wie sie über die Haut strichen und einen wohligen Schauer der Spur hinten nach folgen ließ. "Es wird schon wieder, ich bin härter im Nehmen, als ich aussehe.", sagte er lächelnd und dreht ihr nur den Kopf leicht zu, da er fürchtete sonst wieder Schmerzen zu haben und ein schmerzverzerrtes Gesicht wäre wohl kaum eine gute Beweislage für seine Worte. Sie reichte ihm etwas Kühlendes und er hielt es sich an den Rücken, während Alyssa ihn verband. So gesehen hatte sich eigentlich nicht viel verändert, nur dass Alyssa eben nicht ganz so nahe und nicht ganz so besorgt zu sein schien wie sonst. "Schmerzmittel brauch ich keine, das geht schon und die Planung überlass ich gerne dir, das hast bisher immer du gemacht." Er lächelte, doch dann fiel ihm erst ein wie "abhängig" er sich eigentlich von Alyssa gemacht hatte. Sie hatte alles für sie geplant. Nicht dass es ihn störte, aber es wunderte ihn wie schnell er es zugelassen hatte, sein Leben in ihre Hand zu legen. Vermutlich weil es fürsorgliche Hände waren.
Als Alyssa aus der Dusche zurückkam, hatte Seymor bereits den restlichen Teller verputzt und sich sogar noch Nachschlag geholt. Die Heilung seiner Wunden kostete wohl viel Energie. Sie schien Schritt für Schritt ihre Scheu weiter abzulegen, bis sie ihn sogar "gebot" sich neben sie zu legen. Ob sie sich wohl doch bereits an etwas erinnern konnte? Oder vielleicht waren sie auch einfach füreinander bestimmt und egal was käme, würden sie immer wieder zueinander finden? Seymor lächelte zufrieden, während er sich hinlegte und erst nur ihre Nähe genoss, ehe sich nach einer Weile ihr Körper an ihn schmiegte - fast so wie sie es immer getan hatte - obwohl einige weitere Zeit vergehen musste, bis er es wagte, begann seine Hand dann sanft über ihren Rücken zu streicheln. Auch als sich ihr Arm um ihn schlang und er hörte wie ihr Atem regelmäßiger wurde, führte seine Hand das Bewegungsmuster wie automatisch fort, während er in Gedanken über ihre Zusammengehörigkeit versank, bis auch er in einen seichten Schlaf sickerte.
Ein Klopflaut... vier mal. Nhhhm, brummte Alyssa unzufrieden und weigerte sich die Augen zu öffnen. Es war warm und dunkel und sie musste nicht denken. Verschlafen strich sie mit der Hand an Seymor Seite entlang, über seinen Bauch bis zu seiner Brust. Und dann wieder Klopfen. Geh weg, dachte sie sich. Dann ein drittes mal. Es hatte keinen Sinn. Irritiert darüber, wie diese verschlungene Haltung zu Stande gekommen war, setzte sie sich auf. Ihr Arme war um Seymor gelegt und der seine um sie. Im Schlaf hatte sie es irgendwie geschafft eines ihrer Bein zwischen seine Knie zu platzieren. Sie löste sich von Seymor und schaute zur Tür „Was gibt’s denn?“, fragte sie unzufrieden, dass man sie geweckt hatte, ohne jedoch aufzustehen. „Eben kam ein Anruf. Ihr Auto ist repariert, sie können es nun abholen.“,erklang eine unsichere Frauenstimme, auf die Alyssa „Danke!“, rief. Dann Schritte, die sich entfernten. Überfordert und irritiert wie sie sich in dieser Situation verhalten sollte, schaute sie Seymor an, doch der schien nichts gegen diese Nähe zu haben, also konnte es wohl gar nicht so schlimm sein. „Dann sollten wir wohl los, was?“, fragte sie Seymor und ihrer Stimme hörte man an, wie unsicher sie war. Und wenn sie dann also zum Thunder Bay fuhren, was dann? Würde sich etwas ändern? Würde sie sich erinnern können? Irgendwie zweifelte sehr stark daran.
Alyssa schlüpft in ihre Hose und und verschwand im Badezimmer, von wo man durch die geschlossene Tür die Toilettenspülung hörte (:-P) und das Rauschen von Wasser. Sie stopfte noch einmal ihre Sachen in den Rucksack und schaute sich nach Seymor, ob er aufbruchbereit war. Beim Hinabsteigen der Treppe, fragte sie Seymor leise, ob sie bereits bezahlt hatten, was dieser bejahte und ihr erklärte, dass sie das Zimmer bereits bei der Ankunft für einen geringeren Preis genommen hätten. In der Lobby wartete wie immer der freundlich lächelnde Herr. Wie aus Gewohnheit schritt sie auf ihn zu und beglich noch die restlichen Kosten, die offen waren und ließ sich anschließend ein Taxi rufen, dass sie und Seymor direkt zur Werkstatt bringen würde. Keine 15 Minuten später standen sie vor einem Gebäude, auf dessen Vorhof einige Autos standen. Einige mit Preisschildern und zwischen drin eine schwarze Impala. Im Inneren der Wersktatt brannten noch Lichter, obgleich es bereits nach 22h war. Ein großes Schild mit der Aufschrift „Gypsy's Cars – 24 hours a day“ leuchtete hell, so dass man das Leuchten sicherlich noch vom anderen Ende der Stadt sehen würde. Nachdem der Taxifahrer bezahlt war, begab sich Alyssa direkt auf das Gebäude zu, wo ihr auch gleich eine Frau in einer Jeanslatzhose und einem Karohemd begegnete. Sie war ca. 1,50m groß und hatte ganz kurze schwarze, struppige Haare. Die Frau nahm genüsslich eine Zigarette aus ihrer ölverschmierten Hose und zündete sie an, dann nahm sie ein Paar tiefe Züge. „Sind sie Gypsy?“, fragte Alyssa die Frau fast unsicher. „Wer will das wissen?“ „Ich bin Alyssa, wir haben telefoniert wegen der Impala. Im Hotel hat man uns gesagt, der Wagen sei repariert.“ Wobei repariert das falsche Wort war, denn der Wagen war in Schuss bis auf die Reifen. Gleich wurde das Gesicht der kleinen Frau freundlicher. „Sicher. 320 Dollar und wir sind quitt.“ Ohne sich lange aufhalten zu lassen, kramte Alyssa das Geld und reichte es ihr. Die Frau nahm es scheinbar gleichgültig an und reichte Alyssa im Gegenzug eine neue Visitenkarte. „Falls was in sein sollte, können Sie sich jeder Zeit melden!“ Alyssa nickte und bedankte sich. Damit war wohl alles geklärt und einem Aufbruch stand nichts im Wege. „Dann las und mal von hier verschwinden“, murmelte sie Seymor zu, als sie sich auf das Auto zubewegten. Als sie sah, dass Seymor auf die Beifahrerseite zu ging, räusperte sie sich zunächste und blieb verunsichert stehen. „Ähm...“, stotterte sie...“ Vielleicht... ich denke... du solltest besser fahren... weil ich... uns mit Sicherheit an den nächsten Baum fahre...“, sie blickte zu Boden und ihre Wangen verfärbten sich rosarot. „Ich glaub, ich hab vergessen wie man Auto fährt... gestand sie...“ , sie grinste ihn schief und entschuldigend an und reichte Seymor die Schlüssel, die sie in einer Rucksacktasche gefunden hatte.
Irgendwann war auch Seymor eingeschlafen und für die Zeit, die sie so beieinander lagen, war es so, als wäre alles wie immer. Vermutlich auch der Grund für seinen ruhigen, traumlosen Schlaf, denn ansonsten hätten ihn wohl die Erinnerungen an die heutigen Ereignisse im Schlaf verfolgt. Doch so erholsam dieser Schlaf auch sein mochte, wurde die angenehme Stille durch ein jähes und unnachgiebiges Klopfen gestört und somit beendet. Sowohl die Stille als auch ihr beider Schlaf. Er blieb jedoch selbst dann noch mit geschlossenen Augen liegen als Alyssa sich wie ihm vorkam ebenso schwermütig erhob und seufzte innerlich über den Verlust der Wärme und Nähe ihres Körpers. "Wäre wohl besser, wenn wir möglichst bald von hier verschwinden.", stimmte Seymor ihr zu und so befanden sie sich nicht viel später vor der Werkstatt, bei der Alyssa das Auto zur Reparatur hingegeben hatte.
Eine junge Frau führte sie zu der Impala und ließ sich von Alyssa bezahlen. Doch als Seymor wie gewohnt auf der Beifahrerseite einsteigen wollte, hörte er ein Räuspern und er traute seinen Augen kaum. Für einen Moment wusste er nicht so recht, was er sagen sollte. Einerseits wusste er, dass Alyssa - also die, die sich erinnern konnte, ihn niemals mit der Impala hätte fahren lassen, spätestens seit dem kleinen Zwischenfall mit dem Motorrad nicht mehr und andererseits wollte er sich die Chance aber auch nicht entgehen lassen. Immerhin hatte er erst einmal ein Auto gefahren und wäre es nicht mitten in einem Kampf gewesen und er hätte zum Bremsen nicht ein paar Mondwandler benützen müssen, wäre das ganze ja vielleicht sogar ganz spaßig gewesen. Wie ein spitzbübischer Junge schelmisch grinsend, dem man an der Nasenspitze ablesen konnte, dass er etwas Verbotenes vorhatte, nahm er die Schlüssel entgegen und stieg mit eben diesem über beide Ohren reichenden Grinsen ins Auto ein.
"Was kann denn schon schiefgehen?", sagte er sich selbst. Außerdem, wenn alle anderen das konnten, weshalb sollte er daran scheitern, immerhin hatte er den Wagen damals ja auch zum Laufen gebracht.
Er wartete bis Alyssa ins Auto eingestiegen war, wartete noch einmal mit einem Blick in ihre Richtung ab, ob sie das tatsächlich ernst meinte, doch da sie keine wirklichen Anstalten machte ihre Meinung zu revidieren, dreht Seymor den Schlüssel herum. Doch zu seinem Bedauern ließ er sich nicht mal drehen. Was für ein Mist ist denn das? Das lässt sich ja noch nicht mal starten. Was hat denn die bitte repariert? Neue reifen drauf und dafür den Motor ausgebaut oder was? Verärgert sah er das Lenkrad an, das ihn so hämisch mit seiner Ignoranz verhöhnte. Dann tastete er mit den Beinen die Pegale. Eins, Zwei, drei... hmm stellte er fest, eines mehr als in dem Wagen damals. Er sah auf die Kupplung, auf der Zahlen und ein R waren, also war das wohl keine Automatik. So ein Mist, also wieder etwas ganz was Neues. Hilfesuchend sah er kurz in Alyssas Richtung, besann sich dann aber eines besseren. Wenn er sie jetzt um Hilfe bat, würde sie ihn sicherlich nicht fahren lassen. Wenn er schon beim Starten scheiterte. Wieder sah er verärgert das Lenkrad an. Dann trat er ein Pedal nach dem anderen, bis er schließlich beim dritten Versuch das richtige hatte. Der Motor erklang und das Auto sprang an. Vor lauter Freude ließ er das Pedal los, was ein unkontrolliertes Hüpfen des Autos nach sich zog und den Motor wieder absterben ließ. "Grrr!", knurrte er das Lenkrad vergeblich an. Das konnte doch nicht so schwer sein.
Seymor kam ihrer Aufforderung nach und war schnell auf den Fahrersitz gestiegen. Alyssa hatte ihn breit grinsen sehen und der freche Ausdruck in seinem Gesicht ließ sie ebenfalls grinsen. Man sah ihm die Vorfreude richtig an. Oho, vielleicht war das doch keine so gute Idee ihn fahren zu lassen, schoss es ihr durch den Kopf. Dann hörte sie ein Klicken und konnte es im ersten Moment nicht zu ordnen. Fragend schaute sie Seymor an. Sie sah die Bewegung seiner Oberschenkel, fast als würde er etwas treten und dann wurde sein Blick anders... entnervt. Sie sah wie er sich abmühte das Auto zum Laufen zu bringen und zugleich arbeitete ihr Gehirn. Sie musste wissen, wie das ging. Lenkrad: lenken, klar. Schlüssel steckte. Es gab unten Pedale, die man treten musste, aber wann und welches von wie vielen? Und dennoch musste sie gewohnt sein zu fahren, denn Seymor wirkte ihrer Meinung nach etwas überfordert, wie ein Blick in ihre Richtung bestätigte.
„Soll ich es...“, dann Schnurrte der Motor auf und ein Ruck erfasste sie, bevor alles wieder erstarb. Und Seymor knurrte. Trotz des missglückten Versuchs musste sie grinsen und drehte sich nun endgültig dem jungen Mann neben ihr zu. Sie fand seine Reaktion verdammt niedlich, was auch an ihrem Grinsen abzulesen war, dann streckte sie die Hand aus und strich beruhigend seine Hand entlang und schaute ihn noch immer warm lächelnd an.
Das plötzliche Klopfen an ihrer Scheibe ließ sie zusammen zucken. Verschreckt blickte sie sich um; die Frau mit den kurzen Haaren stand da. Sie musste sich noch nicht einmal hinab beugen, denn sie war gerade einmal so groß wie das Auto hoch war. Ohne dass Alyssa reagieren konnte, öffnete sie die Tür und spähte hinein. „Gibt's Probleme?“ Alyssa biss sich auf die Unterlippe und schaute sie etwas peinlich berührt an. „Wir... können das Auto nicht starten...“, erklärte sie verunsichert und kleinlaut. „Woran liegt's?“ Alyssa zuckte die Schultern. „Das Auto ist wie neu.“,gab Gyppsy voller Unverständnis zurück, dann dämmerte es ihr. „Oh Mann, Anfänger.“, sie verdrehte die Augen. „Aber nun gut, wenn ihr das Auto zerschrottet, gibt’s mehr Arbeit und mehr Geld für mich. Habt ihr überhaupt Führerscheine?“ „Ja, nur ich hab eine Amnesie und kann nicht fahren und er hat nicht so viel Praxiserfahrung!“, log Alyssa sogar sehr überzeugend, ohne rot zu werden. Die Frau seufzte noch entnervt und begann zu erklären:“Aaaaalso. Drei Pedale. Von rechts nach links. Gas. Bremse. Kupplung. Die Kupplung durch drücken, Schlüssel drehen. Laaaaaangsam von der Kupplung und sachte Gas geben.“ Sie deutete auf den Knüppel in der Mitte. „Das ist die Gangschaltung. Je nach Schnelligkeit schalten.“ Sie beugte sich über Alyssa hinweg und umfasste den Schaltknüppel, mit den sie jeweils in die erste, zweite,dritte, vierte, fünfte Position rückte.“Und R bedeutet logischerweise rückwärts fahren. Das da ist die Handbremse. Vor dem Losfahren, lösen.“ Sie stellte den Hebel fast senkrecht auf. Auf der geraden Ebene dürfte nichts geschehen. „Und noch eins. Sie betätigte den rechten Hebel am Lenkrat. „Licht!“ Rechts ist der Blinker fürs Abbiegen. Runter drücken zum links Abbiegen. Rauf zum rechts Abbiegen.“ Damit richtete sie sich wieder auf und verschloss die Tür mit einem Knall. Sie trat ein Paar Schritte zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. In ihrem Gesicht stand deutlich, dass sie vermutete, dass sie beide noch nicht einmal die nächste Kreuzung erreichen würden. Alyssa schaute Seymor fragend an. „Möchtest du es noch einmal versuchen, oder soll ich?“ Aber sie bezweifelte, dass sie es besser machen würde als Seymor. Aber wenn sie es bereits oft getan hatte, dann müsste sie es doch wieder hinbekommen, wenn auch rein intuitiv nach der kurzen Unterweisung. Sie wartete Seymors Reaktion ab.
Seymors Ärgernis über das nicht auf ihn hören wollende Auto stieg und stieg und dass auch noch die zweite hier anwesende Frau zu Alyssas Fensterscheibe kam und ihn beobachtete und dann sogar anbot ihm zu helfen, verbesserte seine Laune diesbezüglich nicht gerade. Er wollte schon antworten, dass er keine Hilfe bräuchte und dass er das ja wohl alleine hinbekäme, doch Alyssa war schneller als er und ihre Antwort um einiges freundlicher, auch wenn Seymor ihre Worte noch weiter ärgerten, musste sie das denn so offen zugeben? Und auch das "Wir" konnte daran nicht wirklich etwas ändern. Doch immerhin war Seymor dann doch recht froh, denn die Einweisung erklärte zumindest weshalb das Auto abgestorben war. Na gut auf ein Neues. Er fixierte das Lenkrad mit seinem bedrohlichsten Blick, wie als Warnung das es böse Folgen haben würde, sollte es sich weiterhin so zieren. Er stieg also auf die Kupplung und drehte den Schlüssel: das Auto sprang an. Diesmal jedoch blieb er auf dem Pedal stehen und es sprang weder nach vorne; noch endete das Motorgeräusch. Das hätten wir also. So was kam dann als nächstes? Ach stimmt; die Handbremse lösen. Er drückte den Knopf und gab den Hebel ganz nach unten, wodurch das Auto ein minimales, kaum merkliches Stück zu rollen begann. Dann hat sie gesagt aufs Gaspedal richtig. Seymor stieg also aufs Gaspedal, zwar nur leicht und dennoch war ein unangenehmes Aufheulen des Motors zu hören. Was war denn nun wieder los? Er nahm den Fuß schnell wieder vom Gas. Ach ja einen Gang brauchte er auch. Er besah sich den Steuerknüppel. Nun zum Glück waren Zahlen in seiner Ausbildung ja durchaus vorgekommen. Er schob also den Schaltknüppel auf eins und versuchte es erneut. Wieder ein Aufheulen. Dann kam es ihm. Natürlich er musste auch von der Kupplung gehen. Er war so fasziniert, dass er für den Moment sogar vergaß, dass er beobachtet wurde, was ihm nun schlagartig wieder einfiel und ein Blick zu den beiden folgte, der kurz feststellte, ob man ihn nicht belächelte. Als dies geklärt war, stieg er langsam von der Kupplung und zugleich aufs Gaspedal. Wieder erklang ein Heulen, diesmal jedoch nicht so laut und das Auto begann zu fahren. Seymor jubilierte innerlich und gab mehr Gas, als der Motor wieder quengelig wurde. Okay bei mehr Tempo höherer Gang hatte sie gesagt. Seymor versuchte also den 2. Gang hineinzugeben. Doch die Schaltung ließ sich nicht bewegen. Versuchsweise stieg er auf die Kupplung und tatsächlich ließ sich so der 2. Gang hineingeben. "Ich glaub ich hab's!", sagte er grinsend, winkte der Mechanikerin lässig zu und fuhr auf die Ausfahrt zu. Also war die Kupplung das Wichtigste und wenn er langsamer wurde, müsste er wohl wieder zurückschalten. Das wäre damit auch geklärt. Blinker hatte sie auch gesagt. Wie war das rauf und runter. Ach ja runter war links. Seymor fuhr zur Ausfahrt und blinkte links. Na also war ja gar nicht so schwer. Man musste ja nur wissen wie, grinste er breiter und fuhr auf die linke Spur hinaus. Er trat ein wenig mehr aufs Gas und schaltete in die dritte, als Scheinwerfer sich ihnen näherten und ein lautes Hupen zu hören war. Seymor stieg auf die Bremse, was ein erneutes Absterben des Motors und ein abruptes, wenn auch harmloses Nachvornwerfen nach sich zog und das hupende Auto, das ihnen entgegenkam gerade noch auf die andere Spur wechselte und sich hinter ihnen einreihte. Da kam es Seymor, dass er wohl auf der falschen Straßenseite gefahren war. Nun vielleicht war es doch keine so gute Idee, wenn er fuhr. etwas zerknirscht sah er zu Alyssa. "Vielleicht.. solltest es doch besser du versuchen.. Ich glaub, ich kann es auch nicht." Die Worte klangen recht geknetscht und man sah ihm an, dass es doch sehr an seinem Stolz nagte.
Na bitte, Seymor bekam das Auto doch gestartet. Und sie musste feststellen, dass sie ihn wirklich nicht oft hatte fahren lassen. Wahrscheinlich hatte er noch nicht einmal einen Führerschein, obwohl der auch nicht immer etwas aussagte über die Fahrkünste des Besitzers. Sie blickte zu ihm und sah ihn breit grinsen, so dass sie nicht umhin konnte als zurück zu grinsen. Doch etwas stimmte nicht ganz und das Gefühl kam fast schon noch, bevor es geschah. Sie realisierte verspätet, dass Seymor auf der falschen Straßenseite fuhr.
„Andere Sei...“, setzte sie an, als ein lautes Hupen folgte , zugleich wurde sie gegen den Gurt nach vorn geworfen, so dass sie dennoch das leichte Einschneiden des gewobenen Polyesters. Kaum dass sie sich von diesem kleinen Schock erholt hatte, blickte sie Seymor an, der doch unzufrieden vorschlug, dass sie fahren sollte. Sie betrachtete sein hübsches Gesicht und musste dennoch grinsen. Der Ausdruck auf seinen Zügen war einfach zu süß. Sie schnallte sich flink ab und beugte sich aus einer Eingebung heraus zu ihm, während sie die Handbremse anzog, und drückte Seymor dann einen schnellen Kuss auf die Wange. Verschmitzt grinste sie und stieg aus.
„Na mal sehen ob ich das besser hinbekomme...“, Zweifel klangen in ihrer Stimme mit. Sie wechselten die Plätze. Alyssa zog die Karte aus ihrer Jacke und reichte diese Seymor, sobalnd er saß. „Na gut, dann darfst du Karte lesen und mich navigieren.“ Sie wusste zwar, dass es vorerst keine andere Möglichkeit gab, als immer der I 61 zu folgen, dennoch erlaubte sie sich den Scherz. Die Schlüssel steckten, sie umfasste das Lenkrad und ein vertrautes Gefühl breitete sich aus. Kurz schaute sie verunsichert zu Seymor und grinste ihn dann doch selbst sicher an mit einem Augenzwinkern. Kupplung... Schlüssel drehen... erster Gang... Gas... Handbremse... wie aus Reflex tat sie alles und fragte sich dann woher sie wusste welches Pedal was war... ah ja Gyppsy hatte es ja erklärt und dennoch ging es wie von selbst und der Motor sprang an. Sie gab leicht Gas und ließ die Kupplung los. Der Motor erstab. „So viel dazu...“,murmelte sie und versuchte es erneut. In ihrem Gesicht stand deutlich die Verunsicherung. Ein Weiteres Auto kam ihnen hupend entgegen, doch Alyssa grinste ihm zu und winkte ihm mit einer viel zu freundlichen Geste, die nur gespielt sein konnte. Beim zweiten Versuch gelang es ihr dann und sie fuhren los. Sofort fädelte sie sich auf die andere Straßenseite, wenn das Auto auch leicht in der Spur schlingerte auf Grund ihrer leicht unkoordinierten Lenkradbewegungen. Sie wagte es kaum wirklich zu beschleunigen und fuhr gerade einmal 25 mph dahin, bis ihr endlich ein Schild auffiel, das die 61. in der entgegen gesetzten Richtung auswies. Mist. Sie fuhr weiter, bis sie eine Tankstelle erreicht hatte, wo sie wenden konnte, was ihr durchaus ungeschickt gelang und fast hätte sie eine Tanksäule mitgenommen.
„Na hoppla!“, grinste sie und fuhr ungerührt weiter, als wäre nichts gewesen. Zumindest stimmte die Richtung jetzt. „War doch nicht die beste Idee mich fahren zu lassen!“, grinste sie Seymor schelmisch an und konzentrierte sich auf die Straße. Je weiter sie die Stadt hinter sich ließen, desto sicherer wurde sie, auch wenn man ihr noch immer eine gewisse Angespanntheit anmerkte, während der Motor beruhigend schnurrte. Irgendwann beschleunigte sie auf 60 Meilen pro Stunde. Sie waren schließlich nicht in Eile. Die Dunkelheit verschluckte sie und nur die Scheinwerfer waren das einzige Licht, das über den feuchten Asphalt glitt. Irgendwie war es beruhigend und dennoch still. Viel zu still, wie sie nach einer Weile feststellte. Ob sie sich immer anschwiegen, oder nur jetzt. Mittlerweile hatte sie den Gedanken völlig aufgegeben, dass Seymor der Übeltäter war, der all die Toten auf dem Gewissen hatte. So wie er war, so wie sie ihn erlebt hatte, konnte er es einfach nicht sein. Und dennoch empfand sie die Stille als beklemmend. „Seymor?“, fragte sie ganz leise, so dass sie sich fragte, ob er sie trotz des Motors hören würde. „Was ist heute in der Fabrikhalle passiert?“ Sie wollte sich dem nicht stellen, aber sie sollte es, wenn sie wieder sie selbst sein wollte.
Noch immer mit gedrückter Stimmung ließ er sich in den Beifahrersitz fallen und beobachtete was Alyssa tat. Mit leichter Schadenfreude, aufgrund derer er letztendlich auch noch ein schlechtes Gewissen zu seiner ohnehin schon geminderten Laune bekam, stellte sie sich auch nicht unbedingt besser an als er. Nur war der Unterschied, dass sie an einer Amnesie litt und er das Ganze eigentlich schon oft genug beobachtet haben sollte. Dann jedoch meinte sie, er solle Karten lesen, was seine Stimmung sofort auf einen Tiefpunkt fallen ließ. Wenn er ihr jetzt auch noch sagen musste, dass er nicht mal Kartenlesen konnte, dann würde er in ihren Augen vermutlich zu einem Häufchen Elend herab schrumpfen. Verdammtes Autofahren, am Besten wäre es, sie würden es einfach stehen lassen und Alyssa mit ihrer Teleportation und er als Puma, Kater oder Bussard sich auf den Weg machen. Wenn es doch nur nicht um so Vieles bequemer wäre. Dennoch nahm Seymor die Karte entgegen, entfaltete sie und versuchte darauf irgendwas zu erkennen. Nun wo sie entlang mussten, war ja durch eine rote Linie recht gut gekennzeichnet. Das Problem allerdings war, dass die Buchstaben der einzelnen Städte und Routen und Ortsschaften keinen Sinn ergaben. Verzweifelt versuchte er zu entziffern, doch er kannte kaum einen der Buchstaben... War das verdammt noch mal in Latein oder sonst irgendeiner Sprache geschrieben. Doch dann kam ihm ein Gedanke und seine Wangen verfärbten sich mehr aus Wut, dass ihm auch gar nichts gelingen wollte, denn aus Scham, leicht rosig, als er die verfluchte Karte umdrehte und die Buchstaben plötzlich Sinn ergaben. Er hoffte nur dass Alyssa nichts davon bemerkt hatte. Doch ihrem Hoppla zufolge, das in dem Moment folgte, war sie wohl voll auf mit dem Wenden des Autos beschäftigt gewesen.
Zu seinem Ärgernis und doch zu einer gewissen Erleichterung bekam sie das Auto zunehmend besser unter Kontrolle und nach einiger Zeit merkte Seymor kaum mehr, dass etwas anders war im Gegensatz zu ihrem früheren Fahrstil, mal abgesehen davon, dass sie vermutlich langsamer fuhr. Verzweifelt versuchte Seymor auf der Karte den Ort ausfindig zu machen, wo sie sich gerade befanden und folgte mit den Augen immer wieder der Linie. Es war verdammt anstrengend die dennoch kleinen Buchstaben zu entziffern und sie zu Worten zusammenzufügen. Vor allem da Ortsnamen noch bei Weitem weniger Sinn ergaben, als die alltäglich gebrauchten Worte.
Darum viel ihm auch kaum auf wie lange sie sich nun schon angeschwiegen hatten und erst als Alyssa ihre Stimme leise in seine Richtung wandte, wurde ihm klar, dass wohl schon einige Zeit vergangen sein musste. Doch ihre Frage ließ ihn seine bisherige Laune vergessen und gab ihm einen Stich ins Herz. Er hatte Angst. Angst es ihr zu sagen. Angst, dass sie dann von ihm fort wollen könnte. Angst, dass sie ihm nicht glaubte und ihn für verrückt erklärte und auch Angst, dass sie ihm glaubte und von ihrem alten Leben und von ihm nichts mehr wissen wollte.
"Nun... Ich weiß nicht wo ich anfangen soll und wie ich dir das erklären soll. Wenn ich dir nur erzähle, was dort vorgefallen ist, dann ergibt es keinen Sinn... Es ergibt ja noch nicht mal als Ganzes wirklich Sinn und ich meine.." Er verstummte, sah auf die Karte und mied ihren Blick. "Ich müsste dir Einiges über dich erzählen und einiges über mich, über unsere Vergangenheit und die von jedem einzelnen von uns, wobei ich sie von dir sicher nur sehr begrenzt kenne... und ich weiß nicht, ob du mir überhaupt glauben würdest, oder ob du mir überhaupt glauben wollen würdest. Ich weiß nicht ob es nicht einfacher für dich wäre. wenn wir warten bis deine Erinnerung wiederkommt... Es ist so viel passiert und so Vieles davon, das man nicht wirklich in Worte fassen kann und anderes, das man so leicht falsch verstehen könnte, wenn man nicht die ganze Geschichte kennt." Er selbst wusste das es eigentlich nur Ausflüchte waren. Er sah von der Karte auf und suchte ihren Blick.
"Vergiss es, ich werde versuchen dir so viel wie möglich zu vermitteln und hoffen, dass du es verstehst. Zumindest so weit wie ich es verstehe." Er seufzte und dann wurde sein Licht heller und er lächelte. "Wir sind schon eine ganze Weile beieinander und haben schon so einiges durchgemacht." Dann sah er erneut kurz weg, eher sein Blick wieder ihr Gesicht, das nun kurz auf die Straße geheftet war, suchte. "Wir sind beide keine Menschen, also zumindest würden uns Menschen nicht als solche bezeichnen. Vermutlich ist es schon alleine aus dem Grund wichtig, dass ich dir es sage, weil vielleicht bald etwas eintreten wird, dass - wenn du unvorbereitet bist - vielleicht schlimme Folgen haben könnte." Erneut seufzte er. "Wo möchtest du lieber anfangen, bei dir oder bei mir?" Sein Blick beobachtete sie mit einem leichten Ausdruck von Hemmung. Entweder sie würde ihn gleich auslachen und für verrückt halten oder sie würde Angst bekommen und ihn dennoch für verrückt erklären.
Seymor hatte eine Weile auf diese verdammte Karte gestarrt, aber vermutlich sagte sie ihm genau so wenig wie ihr selbst. Und diese rote Linie trieb sie in den Wahnsinn, weil Alyssa nicht wusste, ob dieses Ziel auch wirklich ihr Ziel war. Sie hatte das Gefühl, dass da viel mehr war als das. Mehr als diese rote Linie. Das Hin und Her, Auf und Ab der Karte, begann sie in den Wahnsinn zu treiben. Unachtsam griff sie nach danach und riss sie Seymor aus den Händen, was ein lautes Knirschen des dicken Papiers gab. Und selbst wenn die Karte riss, da gab es nichts wichtiges, woran sie sich erinnern konnte, an jeder Tankstelle konnten sie eine Neue kaufen. Ungelenk warf sie den großen Papierbogen nach hinten, wo er störrisch und zerknittert auf der Rückbank zum Liegen kam. Sie hörte sich Seymors Ausflüchte an, seine unfertigen Sätze und ihr war klar, dass es da eine Menge zu wissen gab, was sie nicht wusste und doch besser wissen sollte. Aber es ließ sich nicht leugnen, dass er verdammt süß war. Sie lächelte ihn an.
„Jetzt spucks schon aus!“,forderte sie ihn mit weicher Stimme auf, konnte sich aber ein Lächeln noch immer nicht verkneifen. „Was wenn meiner Erinnerungen nie zurück kommen und was kann schlimmer sein, als das was wir gestern gesehen haben?“, Ja mittlerweile war es gestern, die Uhr sprang gerade auf Mitternacht um. Das lag durchaus im Bereich des Möglichen, dass diese Erinnerungen einfach ausradiert waren und sie von vorn beginnen musste. Doch da fand Seymor bereits einen Anfang, Keine Menschen? Das Auto kam wieder kurz ins Schlingern, als sie ihn verwirrt ansah. „Gut, dann fang bei dir an und gehen zu mir über, wir haben schließlich noch eine Weile zu fahren. Was heißt keine Menschen?“ Ihre Stimme war ruhig, ebenso kühl waren ihre Züge und zeigten keine Emotion. Aber sie sah doch aus wie ein Mensch, sie fühlte sich wie einer. Und wenn sie kein Mensch war, was war sie dann... irgendeine Art von Monster oder wie... hatten sie beide oder sie oder doch er das Blutband veranstaltet? Sollte sie Angst haben? Nein, die hatte sie nicht. Sie wollte alles wissen und am besten sofort. Aber vielleicht hatte doch auch Angst. Angst davor heraus zu finden was sie war, denn vielleicht war die Antwort auf diese Frage, etwas, das sie gar nicht wissen wollte. Vielleicht hatte sie es deshalb vergessen. „Schieß los! Ich hör dir zu!“, sie schaute ihn ermunternd an, denn er war ihre einzige Möglichkeit etwas zu erfahren.