Noch während er bereits den Druck seiner Pfote erhöhte, passierten mehrere Dinge. Er bemerkte verschwommen aus den Augenwinkeln wie Alyssa sich langsam aufsetzte und dann hörte er, was er bereits erwartet hatte. Ein erneuter Singsang wurde von der Schwarzhaarigen angestimmt. Zufrieden stellte er fest, dass es ihn nicht einmal zu streifen schien, was auch immer sie vor hatte. Was ihnen in der Bar gelungen war, hatte nur deshalb funktioniert, weil sie alle zusammengearbeitet hatten und er noch dazu unvorsichtig gewesen war und dennoch. Seine Position hätte verdeutlichen sollen, was passiert, wenn sie sich erneut bewegten. Seymors Krallen drangen tiefer in die Schulter des Mannes, sodass Blut dazwischen hervorquoll und mehrere Nähte nötig sein würden um die nun klaffenden Stellen wieder zu verschließen. Eine letzte Warnung, die er aussprach, die von einem Aufschreien Collins unterstrichen wurde. Dann jedoch sprang Alyssa auf das Mädchen zu, das zu zaubern begann und aus einem unerfindlichen Grund explodierte der Fernseher, der unweit von ihnen stand, was Seymor zurückschrecken ließ und den Druck, den er ausübte, wieder senkte. Doch kaum hatte er erkannt, dass Alyssa alles im Griff hatte, nahm er seine vorherige Position wieder ein. Dann kam Alyssa auf ihn zu. Sie wirkte wie unter Schock und Seymors Angst um sie wuchs, doch er wollte nicht schon wieder töten. Das Blut der Menschen, die er erst vor Kurzem getötet hatte, klebte immer noch an ihm und er wollte nicht schon wieder Blut vergießen. Dann fühlte er Alyssas Arme um sich. Trotz ihres Zustands schien sie besorgter um die anderen zu sein als um sich selbst. Dann flüsterte sie ihm zu, was wirklich los war und Seymor ließ von dem Mann ab. Trat von ihm hinunter. Sein Körper schimmerte wie zuvor, doch dieses Mal dauerte es ein wenig länger, dann befand sich Seymor - auf einem Bein kniend und das andere zum Aufstehen angewinkelt - an der Stelle, an der zuvor noch der Puma gewesen war. Sein wütender Blick ging einmal durch den Raum. Streifte die Gesicht der Mädchen und blieb schließlich bei Alyssa hängen, bei deren Anblick sich die Wut in seinem Gesicht in Besorgnis wandelte. Er nickte, erhob sich und nahm seine Jacke. Die nur gute zwei Schritte weiter hingen lag. Dann ging er wieder zu Alyssa. Er sah den Mann an und dann zu Alyssa. So sehr er ihn nicht leiden konnte, so hatte er ihn doch unschuldig verletzt und noch während er ihn ansah, konnte er sehen, wie der Mann das Bewusstsein verlor. „Tut mir Leid.“, richtete er nur an ihn. „Ihr solltet schnell einen Rettungswagen holen und in Zukunft die Finger von anderen Lebewesen lassen.“ Seine Worte richtete er in Richtung Ausgang, den Mädchen schenkte er nicht einmal einen Blick. Dann nickte er erneut zu Alyssa und reichte ihr die Hand. Als sie aufstand, zog er sie in seine Arme. Obwohl er auch nur von hier weg wollte, konnte er nicht anders. Seit er dachte, sie verloren zu haben, war alles, das ihn wieder daran erinnerte um so schlimmer geworden. Dann zog er sich seine Jacke über und zog sie mit sich gen Ausgang. Diesmal drehte er sich um und fixierte die Schwarzhaarige, die er eigentlich im Lokal sogar sympathisch gefunden hatte. „Sollte jemand etwas über mich oder Alyssa erfahren, wird das, was Alyssa euch angedroht hat, nur die Erlösung sein.“ Sein Blick war kalt und seine Augen wirkten irgendwie leer. Er wusste nicht, wieso er so reagierte und es fühlte sich falsch an, denn eigentlich hatte er sogar Schuldgefühle. Doch er konnte nicht anders. Sie hatten ihn wieder daran erinnert, dasss Alyssa und er scheinbar immer in Gefahr waren und jetzt da Alyssa sich nicht wirklich wehren konnte, machte es das ganze noch schlimmer.
Alyssa fand sich schließlich an Seymor geschmiegt, der nicht länger Puma war. So bemerkte sie nur am Rande, dass er die Mädchen angesehen haben musste, dann erst sah er sie an und sie schaute auf. Zur Antworte nickte er und erhob sich. Alyssa wollte ihm folgen, wand sich aber noch einmal nach dem am Boden liegenden Mann um, er hatte sicherlich Schmerzen, aber einen noch viel größeren Schock. Blut strömte aus der Wunde - dunkelrot und sie konnte es riechen. Es hieß doch immer, Blut hätte keinen Geruch, aber das hatte es. Fasziniert schaute sie auf die roten Flecken am Boden an, erst als sie Seymors hinter ihr stand und sich entschuldigte, merkte Alyssa, wie nah Seymor war und dass Collin langsam das Bewusstsein verlor. Seymor reichte ihr die Hand, die sie ergriff und wand sich von dem Blut angewidert ab, als er sie hinauf zog. Seine Arme schlossen sich um sie und sie drückte sich erneut an ihn, schlang sie Arme um seinen Hals. Ein Blick über seine Schulter zeigte ihr wieder die Angst in den Gesichtern der Mädchen. Bald löste sich Seymor von ihr. Dass Faye auf ihren Bruder zu robbte und Bonny und Maredith zu heulen begannen, nahm sie wie durch einen Schleier war, obwohl die Geräusche so deutlich und laut waren, erreichten sie sie nicht wirklich. Sogar Seymors Drohung nicht. Da war lediglich die Wärme seiner Finger und das leichte Ziehen, als er sie in Richtung Ausgang führte, das konnte doch wohl gar nicht wahr sein. Wie konnte jemand so viel Zerstörung anrichten, sie hätte das schwarzhaarige Mädchen töten können. Als sie aus der Wohnung hinaus traten umfing die Dunkelheit sie, aber diesmal sah sie die Stufen deutlicher als zuvor. „Tut mir Leid, dass ich dir immer so viel Ärger mache!“, sagte sie leise in die Dunkelheit hinein, die lediglich von dem Widerhall ihrer Schritte erfüllt war. „Ich wusste nicht, dass das passieren würde.“ Langsam kam sie wieder zu sich und ließ sich nicht nur von Seymor dirigieren. Sie traten hinaus aus die Straßen, die Gäste aus der Bar stürmten bereits auf sie Straße und als letztes kam Carolin und dreht das Barschild auf „closed“. Als sie Alyssa erkannte, kam sie auf die beiden zu, sie selbst schien leicht verwirrt, Alyssa war doch mit Collin verschwunden und nun mit ihrem Freund wieder aufgetaucht, also entweder sie hatte ein durchaus interessantes Sexleben, oder sie wollte es gar nicht so genau wissen. „Mädchen, du siehst ja aus, als hättest du einen Geist gesehen!“, besorgt schaute sie von Alyssa zu Seymor und in ihrem Blick war nur die Frage:Alles in Ordnung? „Wir haben einen lauten Knall gehört und dann kam Rauch aus der Wohnung, also haben wir die Polizei und die Feuerwehr gerufen. Der Boss macht für heute dicht, wenn du die Stelle willst, kannst du morgen wieder kommen.“ Alyssa nickte nur und schmiegte sich näher an Seymor. Mit einem „Bis Morgen.“, zog sie Seymor mit in Richtung ihrer Wohnung, dabei sprach sie recht wenig. Auch in der Wohnung streifte sie lediglich Jacke und Stiefel ab und schlüpfte unter die Bettdecke, in die sie sich einwickelte und darauf wartete, dass Seymor auf dem Bad zurück kam. Das war so irrsinnig, sie fühlte so Vieles zugleich und doch wiederum nichts, weil sie sich aus davor verschloss. Da war Verwirrung und Angst jemanden zu verletzen. Angst vor sich selbst. Da war dieses berauschende Gefühl von Macht. Macht, die sie zwar nicht unter Kontrolle hatte und dennoch fühlte sie diese Stärke. Dann waren da diese Momente, wenn sich ihre Wahrnehmung aus heiterem Himmel verschob und sie alles intensiver erlebte. Und nicht zu vergessen Seymor. Seymor, der der Einzige war, den sie hatte und den sie nicht verlieren, für den sie so viel empfand. Gefühle, die sie nicht einordnen konnte: Zuneigung, Freundschaft, Verlangen, sogar Liebe. Als, nach einer Ewigkeit wie es ihr schien, bei ihr war, schmiegte sie sich wie ein verängstigtes Kind in seine Arme und legte ihren Kopf an seine Brust.Dann seufzte sie und meinte leise: „Ich hab hab Angst. Wenn das meine Kräfte sind, dann will ich sie nicht. Ich will niemanden verletzen...“
Zuletzt von Alyssa Raven am 22.02.12 13:27 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
Sie gingen das Stockwerk eilig hinab, auch wenn Seymor teilweise darauf achten musste, dass Alyssa in der Dunkelheit nicht stolperte. Doch als sie unten ankamen und das Gebäude verließen, schien es ihr schon ein wenig besser zu gehen. Sie sahen, wie Leute aus dem Lokal strömten. Nun kein Wunder, dass es ihn aufgeweckt hatten, wenn man sogar hier unten Panik schob. Zumindest ein Gutes hatte die Sache, er müsste Alyssa jetzt wohl nicht davon überzeugen, doch nicht hier zu arbeiten. Zu seinem Bedauern kam allerdings in eben diesem Moment die Frau, die mit Alyssa hinterm Tresen gestanden hatte, heraus und auf sie zu. Ein kurzer Wortwechsel mit Erklärung und Seymor wurde klar, dass das Thema doch noch nicht durch war, aber jetzt war nicht wirklich der Zeitpunkt um das zu klären. Alyssa schien immer noch ein wenig in einem Schockzustand zu sein und es hätte jetzt ohnehin keinen Sinn darüber zu reden. Also nickte er der Frau einfach nur freundlich zu, um ihr zu verstehen zu geben, dass er sich schon um Alyssa kümmern würde. Daraufhin folgte er Alyssa in Richtung ihrer Wohnung. Kaum dass sie die Wohnung betreten hatten, verzog sich Alyssa regelrecht ins Bett. Seymor wusch sich noch eilig, denn auch wenn es nicht viel war, so klebte doch teilweise an seinen Fingernägeln Blut, das er unbedingt loswerden wollte. Auch unter die Dusche hüpfte er im Eilverfahren, denn er wollte Alyssa nicht zu lange alleine lassen und kam dann noch als halb nass zurück ins Zimmer. Trocknete - während er zum Bett ging - den Oberkörper fertig ab und legte sich schließlich nackt ins Bett. Er hatte ohnehin keinen Plan, wo Alyssa seine Sachen jetzt verstaut hatte. Kaum dass er sich zu ihr gelegt hatte, schlang sie die Arme um ihn schmiegte sich eng an. Auch er legte schützend seine Arme um sie und hielt sie an sich gedrückt. Auf ihre Stirn hauchte er einen Kuss. Auch wenn er ein wenig lächelte, ließ Seymor ihre Aussage etwas unruhig werden. Er ließ seine Hand über ihren Rücken streichen. „Ich weiß, dass du es jetzt nicht hören willst, aber um so wichtiger ist es, dass du sie wieder bekommst. Denn dann kannst du sie wieder kontrollieren und verletzt damit auch niemanden.“ Er hielt kurz inne. „Weißt du, du hast mir einige Male Dank dieser Kräfte das Leben gerettet und vermutlich, wenn du sie nicht hättest, wäre ich nicht einmal mehr am Leben, oder aber ich hätte dir weh getan.“ Die Erinnerungen an seine erste Verwandlung in den Puma und auch an Lilin kehrten zurück. Dann jedoch schwieg er und schloss sie nur erneut eng in seine Arme.
Alyssa gab einen unzufriedenen Laut von sich und schloss dann die Augen, als würde sie schlafen, aber es half ja doch nicht, Seymor redete weiter. Sie setzte ihr Kinn auf seine Brust, während er sie fester umarmte. Ein gequältes Seufzen. Vermutlich hatte er Recht, was sie nur zu ungern zugab. Sie überlegte und überlegte und das sah man ihr deutlich an der Nasenspitze an. Schließlich wieder ein Seufzer der Resignation. „Aber ich weiß nicht, wie ich das machen soll! Es war... ich war so wütend und hilflos, es war heiß und dann peng - im wahrsten Sinne des Wortes - und alles flog um die Ohren!“, sprudelte sie los und setzte sich auf. Die Aufregung stand in ihren Augen. „Und dann war wieder alles normal. Keine Hitze. Keine Wut.“ Ihre Stimme wurde leise und traurig... „Ich wollte dem schwarzhaarigen Mädchen nichts tun.“ Sie sah Seymor in die Augen, bevor sie denn Blick wieder abwand. Und dennoch hat sie sie fast verletzt, aber nur weil sie fast Seymor verletzen wollte. „Wieso haben wir eigentlich nie daran gedacht, das alles hinter uns zu lassen und uns ein normales Leben aufzubauen, ohne Gefahr. Ein Zuhause, anstatt von einem Ort zum anderen zu ziehen? Wenn man es sich nämlich genau überlegt, dann scheinen wir uns immer selbst in Gefahr zu bringen?“, jedenfalls schien es ihr so, wenn sie an Seymors Erzählungen ihrer gemeinsamen Vergangenheit dachte. Aber zugleich hatte er hin und wieder auch einfließen lassen, was sie mit ihren Kräften zu Stande gebracht hatte. Sie legte sich wieder hin und schmiegte sich zurück an seine Seite. „Hm... obwohl, es wäre schon cool, sich durch die Gegend zu teleportieren und Feuerbälle zu schleudern. Meine Feuertrick wären sicher cooler als Collins und dann könnte ich ihm das heim zahlen!“, meinte sie mit einem zufriedenen Grinsen. „Ich glaube du hast recht, das ist wirklich eine gute Idee!“
Wie bereits erwartet, ließ sie ihn einige Laute der Unzufriedenheit hören. Aber damit hatte er ohnehin gerechnet. Schließlich legte sie ihr Kinn auf seine Brust und man konnte nur zu deutlich erkennen, dass sie nachdachte. Wohl eher über eine Antwort, mit der sie seine Aussage zerstreuen konnte, doch scheinbar hatte sie dabei nicht viel Erfolg, wie er innerlich etwas zufrieden feststellte. Was ihn jedoch mehr erstaunte war, dass sie sofort einlenkte und ihm sogar zustimmte. Bei ihrer Erzählung musste Seymor unweigerlich ein wenig lachen. Dann suchte er ihren Blick und sah sie breit grinsend an. „Na da haben wir doch schon die Lösung.“ Sein Grinsen wurde noch frecher. „Du hast ab jetzt einfach Verbot auf mich böse zu sein.“ Er quittierte diese Meinung, indem er noch breiter grinste. „Also, ich denke, ich könnte mit dieser Regelung leben.“ Als sie jedoch weitersprach nickte Seymor nur. „Ich weiß nicht, ich glaube es ist nicht gut, wenn jemand wie wir sich zu lange an einem Ort aufhält. Wann immer ich länger an einem Ort geblieben bin, wurde am Ende jemand, der mir nahe stand verletzt und wenn man dem, was in dem Tagebuch steht, glauben darf, dann erging es wohl auch bereits meinem Vater schon so.“ Er zuckte mit den Schultern. „Um ehrlich zu sein, ich weiß nicht einmal ob ich es könnte.“ Damit zog er sie erneut an sich und küsste sie auf die Stirn. „Ich mochte ja noch nicht einmal den Vorschlag, dass wir noch länger hier bleiben.“ Dann hielt er inne und überlegte, ob er das Thema jetzt gleich anschlagen sollte. Doch er wollte nicht zerstören, dass sie ihm zumindest bei ersterem zustimmte, indem er sie noch mehr auf Konfrontation brachte, also beließ er es dabei und küsste sie nur noch einmal. „Wir werden das schon irgendwie schaffen, dass du wieder mit Feuerbällen durch die Gegend werfen kannst.“, sagte er nun wieder grinsend und imitierte dabei ihre Stimme, während er ihre Worte wiedergab.
„Na ja, ich weiß ja nicht! Wenn du dich nicht wieder von magische begabten, minderjährigen Mädchen um den Finger wickeln lässt, könnte ich mich vielleicht mit dieser Regelung abfinden.“, meinte Alyssa unschuldig grinsend und ein vertrautes Gefühl durchfuhr sie, ließ sie kurz inne halten, bis sie es abschüttelte. Als sie dann realisierte, dass Seymor sie zu imitieren versuchte, zwickte sie ihn in die Seite. „Hey, das mein ich vollkommen ernst!“ Dann setzte sie ein Schmollen auf. „Außerdem sind Feuerbälle voll toll. Damit kann ich dir Feuer unterm Hintern machen!“ Damit rückte sie von ihm ab und zog ihre Kleider aus, bis sie nur noch in ihrer Unterwäsche im Bett lag und kuschelte sich wieder an Seymor. Sie war nun endlich entspannter und fühlte sich völlig wohl in der Wärme und Dunkelheit des Zimmers. Dennoch ließen sie seine Worte nicht los. „Vielleicht ist das so. Vielleicht sind solche Wesen wie wir einfach nirgendwo sicher. Oder vielleicht haben wir den richtigen Ort noch nicht gefunden. Aber wohin sollen wir gehen, wenn keiner von uns beiden weiß, wohin wir wollten. Was ist, wenn wir nun losfahren – irgendwohin - und uns von unserem eigentlichen Ziel nur noch weiter entfernen?“ Sie schaute Seymor fragend an. Dann überlegte sie wieder. „Ich glaube, ich will nicht ständig von Ort zu Ort fahren, heimatlos sein. Sondern etwas haben, das ich mein Zuhause nennen kann. Was ist, wenn deine Eltern dieses Schicksal selbst nicht haben konnten und es sich aber umso mehr für dich gewünscht haben?“ Das konnte sie sich nämlich durchaus vorstellen, dass Eltern ihrem Kind genau das wünschten, was sie zu ihrer Lebzeit nicht haben konnten. Vielleicht wagte sie sich auch zu weit hinaus, indem sie das so sagte, gerade weil Seymor nicht hier bleiben wollte. „Ich weiß nicht, ob ich es eigentlich bin, die des Nomadentums müde ist, oder nicht viel eher die Alyssa, die du gekannt hast.“ Sie schüttelte den Kopf. „Ist nur so ein Gefühl...“ Sie schloss wieder die Augen und lauschte dem gleichmäßigen Schlagen seines Herzens. Dabei merkte sie kaum, wie sie in einen seichten Schlaf dahin dämmerte und bald eingeschlafen war.
12. Oktober 2009
Am nächsten Morgen erwachte sie, geweckt vom trüben Herbstlicht, das durchs Fenster einfiel. Sie fand sich am anderen Ende des Bette wieder, nicht wie sie bei Seymor eingeschlafen war. Unzufrieden zog sie die Decke über den Kopf und drehte sie weg und merkte dann Seymor, der sich an sie schmiegte. Gleich um Einiges zufriedener kuschelte sie sich an ihn und schlief weiter. Irgendwann erreicht sie ein Rumpeln und Klirren aus dem Nebenraum und sie stelle fest, dass Seymor nicht mehr bei ihr war. Sie versuchte es zuerst zu ignorieren, doch spätestens als der Geruch von Kaffee und frischen Brötchen sie erreichte, knurrte ihr Magen und sie konnte nicht länger liegen bleiben. Alyssa streifte sich ein Shirt über und tippelte barfuß zu Seymor in die Küche. Müde wie sie war, konnte sie nicht mal alles überblicken: Brötchen, Marmelade, Eier, Kaffee... sie schlich sich von hinten an Seymor, der sie bestimmt ohnehin gesehen hatte und schlang von hinten die Arme um ihn, kuschelte sie an und küsste ihn auf ein Schulterblatt. Sie gab ein zufriedenes Gurren von sich, als ihn umarmte und ihre Wange an seinen Rücken schmiegte. „Seit bist du überhaupt wach?“
Seymor dachte noch eine Weile über das nach, was Alyssa gesagt hatte, doch offenbar war es länger, als er dachte, denn als er ihr antworten wollten, war sie bereits eingenickt und atmete ruhig und langsam in einem gleichmäßigen Rhythmus. Seine Gedanken streiften weiterhin das Thema, das sie ihm gesagt hatte. Vielleicht war es die alte Alyssa, die sich danach gesehnt hatte? Jetzt, da sie es gesagt hatte, wer weiß, vielleicht hatte sie ja recht und Alyssa hatte genau das vor gehabt. Waren sie nicht aus New York weg um dem Krieg der Übernatürlichen, der dort stattfand, zu entkommen, damit sie einfach zusammen sein konnten. Vielleicht hatte er sie nur nicht richtig verstanden und vielleicht war es an der Zeit, dass sie tatsächlich ein zu Hause suchten, in dem sie bleiben konnten. Seine Gedanken gingen sogar bis dahin, dass er sich fragte, ob er sich nicht genauso einen Ort wünschte, an dem er einfach mit Alyssa glücklich sein konnte. Er seufzte, doch auch wenn es diesen Ort gab, war er nicht hier, dessen war er sich absolut sicher. Doch bevor er weiterdenken konnte, holte auch ihn ein tiefer Schlaf ein, der ihn Morgens erst gegen halb 9 erwachen ließ. Er blieb noch eine Weile liegen, bis auch Alyssa sich regte und missmutig unter der Bettdecke hervorlugte, nur um wieder darunter zu verschwinden. Für einige Zeit schmiegte er sich noch an sie und küsste sie einmal sanft aufs Haar. Streichelte über ihre Seite und legte seine Hand schließlich über ihre. Etwa eine Viertelstunde lag er so bei ihr, während die Gedanken vom Vorabend erneut durch seinen Kopf gingen und er sich ernstlich fragte, was er dann wohl tun würde, wenn sie sich häuslich machen würden. Er hatte nie einen Beruf gelernt, selbst lesen konnte er mehr schlecht als recht und auch sonst wüsste er außer seinen bisherigen "Jobs", die man eigentlich nicht so bezeichnen konnte, nichts mit dem er Geld bekommen könnte. Das Stehlen wäre wohl keine so gute Idee, sollten sie tatsächlich in Erwägung ziehen länger an einem Ort zu bleiben und mit seiner Violine würde er einfach nicht genug Geld einspielen können. Damit hatte er sich selbst in New York gerade mal so über die Runden gebracht, selbst wenn er fand, dass er durchaus besser spielte als viele der sonstigen Straßenkünstler. Doch zumindest kam ihm ein guter Einfall, denn während er so darüber grübelte, was er als Job machen könnte, fragte er sich auch wie es wohl wäre mit Alyssa gemeinsam zu wohnen und jeden Morgen am selben Ort aufzuwachen. Mit diesen Gedanken im Kopf stand er schließlich leise auf um sie nicht zu wecken und machte sich in der Küche daran Frühstück herzurichten so gut er konnte. Zumindest das konnte er ja gar nicht so schlecht, wie er zufrieden feststellte, nachdem er bei Weitem mehr hergerichtet hatte als sie würden essen können und dennoch fand er es durchaus ansehnlich. Zu guter Letzt machte er sich noch daran Kaffee zu machen, auch wenn er keinen trank, so wusste er nur zu gut, dass es der beste Weg war um Alyssa sanft aus dem Bett zu bekommen und ihrer teils morgenmuffeligen Art auszuweichen. Kaum dass das Tropfen der Kaffeemaschine begonnen hatte, hörte er auch wie Alyssa auf leisen Sohlen das Bett verließ und sich an ihn heranschlich. Ihre Arme schlangen sich um ihn und sie hauchte ihm einen Kuss auf den Rücken. „Och noch gar nicht so lange.“, stellte er zufrieden darüber fest, dass seine Vorahnung mit dem Kaffee so gut geklappt hatte. Damit drehte er sich um, schlang ebenfalls die Arme um sie und küsste sie. Dann nahm er die Tasse und meinte zu ihr. „Kaffee?“ Langsam führte er sie zum Tisch, stellte die Tasse ab und zog den Stuhl leicht seitlich zurück, sodass sie Platz nehmen konnte.
Schneller als gedacht umschlossen seine Arme sie und zogen sie an ihn. Seymor küsste sie süß und nahm die Tasse, auf die sich ihre Augen als erstes richteten, als sie sie wieder öffnete. Was für ne Frage, natürlich wollte sie Kaffee. Alyssa tippelte der Tasse regelrecht nach, mit der Seymor sie – wie mit einem Köder – zum Tisch zu führen schien. Als er den Stuhl für sie zurecht zog, schaute sie ihn leicht irritiert an, nahm aber Platz. Sie umschloss die Tasse mit beiden Händen und nahm einen Schluck. „So, nicht lange...“, dann schaute sie auf den Tisch. „Pass auf, sonst gewöhne ich mich noch daran!“, grinste sie ihn frech an und als Zustimmung knurrte auch ihr Magen. Alyssa wartete, bis sich Seymor gesetzt hatte und vergriff sich an einem Brötchen. Doch noch als sie sich danach streckte, hielt sie inne. Ein komisches Gefühl erfasste sie, irgendetwas sagte ihr, dass sie das gewöhnlich nicht so tat und größtenteils auf Esser verzichten konnte außer auf Zucker und Koffein. Sonderbar. Damit tat sie es auch ab und zerlegte das Brötchen umgehend, bestrich es mit reichlich mit Butter und Marmelade. „Du weißt wirklich wie man eine Frau morgens aus dem Bett bekommt!“, meinte sie in ihren Kaffee, als sie einen Schluck nahm. Perfekter hätte es nicht sein können. Vereinzelte Sonnenstrahlen bahnten sich einen Weg durch die dunstige Wolkendecke. Es war warm in der Küche, der Herd verströmte noch Wärme und Kaffeemaschine aus. Es war still und das warmen, gelbliche Apricot und das saubere Weiße schafften eine helle und freundlich Atmosphäre. Noch dazu war sie allein mit Seymor und er hatte das alles gezaubert. Für einen Moment fühlte sie innerlich einen absoluten Frieden und die fehlenden Erinnerungen waren auch gleichgültig. Alyssa lächelte zufrieden und beugte sich zu Seymor, als sie die eine Hälfte verspeist hatte, um ihn zu küssen, wenn sie auch noch nach Kaffee schmeckte. „Ich könnte mich wirklich hieran gewöhnen.“, meinte sie leise und dennoch ernst, als ihre Lippen und dann ihre Wange über seine strichen und sie sich langsam von ihm löste. Sie meinte nicht nur dass Essen, sondern das alles. Dann klopfte es. Es war nicht laut und dennoch deutlich. Deutlich genug um ihr perfektes Bild zu zerstören. Wer das wohl sein könnte. Verwirrt schaute sie Seymor an, doch er erhob sich sichtlich entnervt, wenn nicht gereizt und ging bereits zur Tür. Sie blieb sitzen und lauschte seinen Schritten, dann das Klicken der Tür. Dann war es leise. Wieso war es einen Moment leise. Sie tippelte sogleich hinterher, so dass sie halb in dem kleinen Flur stand. „Wer war es denn?“, dann er blickte sie Collin, der in der Tür stand. Zugleich realisierte sie, dass sie nur Unterwäsche trug und huschte wieder zurück. „Entschuldigung für die frühe Störung.“, hörte sie ihn noch sagen, als sie ins Schlafzimmer rannte und sich eine Hose zum Anziehen suchte durch die geöffnete Tür hörte sie noch immer seine Stimme, er klang betrübt, aber auch aufrichtig. „Ich hätte wahrscheinlich nicht herkommen sollen und euch noch weiter stören. Aber ich wollte mich – auch in Fayes Namen – dafür entschuldigen, was gestern vorgefallen ist. Sie sind noch dumm und wollten niemanden verletzten, sondern einfach nur ihre Fähigkeiten üben, was das, was sie getan haben nicht im Geringsten rechtfertigen soll. Ich werde in Zukunft darauf achten, dass so etwas nicht wieder passiert. Und eure Identität und Geheimnis ist ebenfalls sicher. Das wollte ich nur gesagt haben.“ Inzwischen war Alyssa wieder bei Seymor und schlang wieder von hinten die Arme um ihn, während sie ihr Kinn auf seine Schulter setzte. Sie skeptisch an. „War das alles?“, ihr Instinkt sagte ihr, dass er nicht nur deswegen gekommen war. Etwas zerknirscht schaute er nun sie an und räusperte sich. „Nun, ich würde gern lernen wie ihr das gestern gemacht habt. Die Verwandelung und die Sache mit dem Feuer.“ Alyssa versteifte sich und starrte ihn verwirrt an.
Seymor war sehr zufrieden mit dem, was er bewerkstelligt hatte und der Reaktion, die er Alyssa damit entlocken konnte. Zufrieden setzte auch er sich ihr gegenüber, nachdem sie Platz genommen hatte, während er mit breitem Lächeln noch sagte; „Also demnach, dass ich ohnehin nicht wirklich geeignet bin für die meisten Berufe, die mir einfallen, wirst du dich wohl die erste Zeit daran gewöhnen dürfen.“ Er nahm sich seinerseits etwas Gebäck und schmierte Butter drauf, bevor er es mit Schinken belegte. Er erwiderte ihren Kuss und schenkte ihrer erneuten Feststellung ein Grinsen. Na ja vielleicht sollte er doch ihren Rat beherzigen und sich keine zu hohen Maßstäbe schon von Anfang an setzen. Doch er ließ den Gedanken wieder verstreichen und strich mit seiner Hand durch ihr Haar. Gerade als seine Finger den Nacken erreichten, klopfte es und ein unzufriedener Ausdruck huschte über Seymors Gesicht. Dann erhob er sich mit den Worten: „Ich bin gleich zurück.“ Mit großen Schritten war er kurz danach bei der Tür. Sie sollten sich unbedingt eines dieser Gucklöcher zulegen, stellte er fest, als ihm auffiel, dass die Holztür durchgängig war und er somit die Tür öffnen musste um festzustellen wer sich davor befand. Mit einem Klacken schob er den Riegel zurück und öffnete die Tür einen Spalt breit. Mochte sein Ausdruck zuvor missgelaunt gewesen sein, so verfinsterte er sich schlagartig um ein Vielfaches. Vor der Tür stand der Typ aus der Bar. Auch wenn er ihnen anscheinend nichts böses gewollt hatte und Seymor ihm somit sogar unschuldiger Weise verletzt hatte, so war er einer der letzten Menschen, die er sehen wollte, besonders jetzt, in dem Moment, in dem er sich vielleicht damit hätte anfreunden können, tatsächlich ein normales Leben mit Alyssa anzufangen. Wenn auch nicht hier. Er öffnete die Tür weiter und sein - beinahe an den Puma erinnernde Blick - richtete sich auf seinen Gegenüber. Obwohl es ihn nur zu sehr juckte den Typen von dannen zu jagen, beherrschte er sich, als Alyssa von hinten angetippelt kam, nur um dann kurz darauf wieder zu verschwinden. Ohne den Blickkontakt auch nur eine Sekunde zu unterbrechen, hörte er sich an, was Collin zu sagen hatte. Sein Stand in der Tür demonstrierte nur zu deutlich, dass er Collin keinen Schritt weiter in die Wohnung lassen würde und wäre Alyssa nicht wieder zurückgekommen, bevor er geendet hatte, hätte Seymor ihn vermutlich dennoch von dannen gejagt. Doch bevor er das Wort erheben konnte, war es Alyssa, die das Wort eröffnete. Seine Antwort jedoch missfiel ihm nur zu sehr. Er bemühte sich so freundlich zu klingen wie er konnte. „Danke, allerdings würde ich euch auch nicht empfehlen etwas zu tun, das Alyssa gefährden könnte, wenn euch an euren Leben etwas liegt.“ Während er Collins Reaktion abwartete und auch Alyssas, wurde sein Blick härter. „Und was Zweites angeht: was ich beherrsche, ist nichts, das man erlernen könnte und auch Alyssa hat Besseres zu tun als Unterricht zu geben.“
Alyssa schob sich unter Seymors Arm hervor, bis sie vor ihm stand und flüchtig in sein Gesicht blickte, in dem sie lesen konnte, wie unzufrieden er war. Kein Wunder, da ihre Zweisamkeit so rüde gestört wurde. Dennoch war sie es, die freundlicher klang als Seymor. Sie blickte von Seymor in Collins Gesicht. „Entschuldigung angenommen, aber Du solltest wirklich besser auf die Hexchen achten. Ich kann nur zustimmen. Die Gaben, die wir beide haben haben wir von Geburt an und sie sind anders als eure.“ Nun, sie war sich nicht ganz sicher, ob das, was sie sagte wirklich so stimmte, da es war so ein Gefühl. „Ich bezweifle also, dass wir euch helfen könnten.“ Alyssas Stimme klang ehrlich und leise. Sie hätte ihnen wirklich geholfen, wenn sie es gekonnt hätte. Doch da blitzten ihre Augen auf und sie wand sich wieder grinsend Seymor zu. Das Grinsen in ihrem Gesicht ließ nichts Gutes Verheißen. Sie senkte ihre Stimme, sodass nur Seymor sie hören konnte. „Hier kennt uns niemand, niemand sucht uns hier.“ Kurze Pause. „Wir haben doch Zeit und du hast selbst gesagt, dass ich lernen muss, meine Fähigkeiten zu kontrollieren. Vielleicht könnten nicht wir ihnen, sondern sie uns helfen. Er hat doch gestern das Feuer gelöscht und er könnte es sicher wieder, wenn etwas eskaliert...“ Mit großen, erwartungsvollen Augen sah sie Seymor an und wartete nur auf eine Zustimmung seinerseits. Collin räusperte sich: „Jedenfalls, tut mir Leid für die frühe Störung. Falls ihr es euch noch anders überlegt, sehen wir uns im Lucky Number. Ich wünsche noch einen guten Tag.“ Er lächelte Alyssa kurz an, machte Kehrt und verschwand die Treppen hinab. Sie bugsierte Seymor hinen, wieder zurück in Richtung Tisch. „Na, was hältst du davon, wenn sie uns etwas zur Hand gehen. Und du könntest zugleich an deiner Magieresistenz arbeiten?“, schmunzelte sie völlig unschuldig.