Julfest

Während Ascan erklärte, nahmen beide Platz und er konnte nur zu deutlich erkennen, dass Seymor nach wie vor nicht sehr glücklich darüber war, dass Ascan sie herbeigerufen hatte und je weiter er fortfuhr, desto mehr verdüsterte sich Seymors Gesicht. Nun Ascan kannte nicht viel von ihrer Geschichte, zumindest noch nicht. Aber er wusste, dass sie bei dem Vorfall in New York vor vier Jahren anwesend gewesen waren und sich schließlich aus dem Staub gemacht hatten um nicht noch weiter involviert zu werden und nun wollte er sie in eine ähnliche Lage bringen. Er konnte es also sogar nachvollziehen, dass Seymor alles andere als begeistert davon war. Dennoch reagierte Alyssa so geschickt und clever, wie er es erwartet hatte. Sie ließ sich nicht auf seine Floskeln ein, sondern wollte die Fakten wissen. Nun in diesem besonderen Fall, war es gar nicht so einfach Fakten preis zu geben. Denn das hieß, er müsste ihnen mehr anvertrauen, als er eigentlich wollte. Dennoch war es eben das Leidliche an Verbündeten, dass man ihnen zu einem gewissen Teil vertrauen musste, denn sonst hatte das ganze Bündnis keinen Sinn. Also nickte er.
„Wer genau unser Gegner ist, ist mir leider nicht bekannt, zumindest nicht der, gegen den wir kämpfen werden. Ich wage jedoch einzuschätzen, dass es sich um einen Jünger Arimans handeln muss.“, er sagte es gerade heraus. Er wusste nicht genau wie Alyssa zu den Erzdämonen stand. Er hatte zwar davon gehört, dass sie um vieles älter sei, als er selbst und Gerüchte vernommen, dass sie für die Iscariot gearbeitet haben soll, von der bekannt war, wer diese führte. Dennoch war es das Beste sie jetzt nicht länger um den heißen Brei zu reden. Sonst würde er vermutlich nur ihre Geduld überstrapazieren und seine Chance auf ein Bündnis würde womöglich sinken.
„Was die Unterstützung angeht, wäre ich, sollte es zum Ernstfall kommen und das Guardian angegriffen werden, um jede Kampfkraft, die zur Unterstützung kommt erfreut.“ Dann hielt er inne und sah zu Seymor.
„Außerdem bräuchte ich jemanden, der sich gut im Jagdrevier der Mondwandler auskennt, der fähig und stark genug ist sich gegen die Mondwandler zu behaupten, wenn es sein muss um Jeromy vor möglichen Übergriffen zu schützen beim kommenden Vollmond, denn so ungern ich es zulasse, wäre es für sie und die Einrichtung ebenso fatal sie hier einzusperren. Auch wenn das Gebiet gut geschützt ist vor völlig Fremden, habe ich die Befürchtung, dass sie dort zuschlagen könnten.“ Er sah wieder zu Alyssa und wartete ab, wie sie reagieren würden.

Keine Ausflüchte. Ascan rückte mit der Wahrheit frei heraus. Zumindest nahm sie es an und hielt Ascan für klug genug in diesem Fall offen zu sein, da es sie sonst alle etwas kosten würde. Doch als der Name fiel, weiteten sich ihre Augen mit Erstaunen. Da hatte sich jemand ernsthafte Feinde gemacht. Sie hatte bisher nur ihren früheren Auftraggeber Azrael kennen gelernt, auch Belial, eine der gefallenen Fürstinnen und auch Gabriel. Sie war Ariman nie persönlich begegnet, dennoch kannte sie sich in diesen Kreisen gut genug aus, um zu wissen, dass er aufgrund seines Zorns auf jemanden gefürchtet war. Sie stieß geräuschvoll die Luft auf und schaute auf den Tisch, auf dem Ascans Hände lagen.
„Sicher stehen dir meine Einheiten zur Verfügung. In einer Woche werden fünf weitere Einheiten ihre Ausbildung abschließen. Allerdings wage ich zu bezweifeln, dass dies ausreichen wird.“ Sie sah direkt in Ascans Augen. Sollte es nötig sein, würde auch sie selbst eingreifen.
„Ich werde einige meiner Leute um das Gebiet herum in den drei Nächten patrouillieren lassen. Bannkreise sind zwar schön und gut, aber vielleicht sehen Augen besser. Nur zur Sicherheit.“ Sie wusste zwar, dass Seymor mehr als gut auf sich aufpassen konnte, dennoch behagte ihr der Gedanke nicht, dass er allein mit den Mondwandlern draußen war, falls es zu einem Angriff kam. Und über die ständige mentale Verbindung mit ihrem Volk war es so, als wäre sie selbst da. Ab wartend schaute sie Seymor an. Diese Entscheidung konnte sie nicht für ihn treffen und er hatte jedes Recht, es abzulehnen. Sie würde es sogar verstehen, wenn er es tat.
„Ich werde versuchen einige meiner alten Bekannten zu kontaktieren. Vielleicht lässt sich mehr in Erfahrung bringen über deine ominösen Gegner.“ Das hieße eine nicht zu vernachlässigende Besucherliste. James und Nathan, Azrael und Wachmec. Letzterer war aufgestiegen zum Leiter der Maston Corporation und auch wenn sich die Organisation ungern mit Mischlingen abgab und auf Kriegsfuß mit der Iscariot stand, hatte Alyssa es dennoch geschafft Wachmec für sich zugewinnen, was sich womöglich als nützlich erweisen könnte.

Je mehr Seymor zuhörte und je mehr er Alyssas Reaktion auf Ascans Worte wahrnahm, um so mehr sträubte er sich dagegen auch nur länger hier zu bleiben. Nicht weil er Angst vor einem Kampf hatte und auch nicht weil er Angst um Alyssa hatte, denn das Einzig positive war, wie er fand, diese ganze Sache mit der Krönung, dadurch war Alyssa noch um einiges mächtiger geworden war. Dann wurde er direkt angesprochen und er wusste, dass Ascan es nicht mochte, was er tat, denn genau aus diesem Grund tat er es ja erst. Dennoch war er erstaunt, dass Ascan ihn sogar direkt um Hilfe bat. Seit dem dritten Versuch Ascans Seymor für sich zu gewinnen, war Ascan nicht mehr direkt an Seymor herangetreten. Wenn er versuchte Seymor näher zu treten, dann tat er das stets über Alyssa.
Seymors Blick wurde aufmerksamer, als er Alyssa sprechen hörte, die in ernstem Tonfall ihre Mitarbeit verkündete. Eigentlich hätte er abgelehnt, aber die Besorgnis in Alyssas Stimme blieb ihm nicht verborgen und deshalb sann er darüber nach, ob er nicht tatsächlich darauf eingehen sollte. Noch dazu wäre es vermutlich nichts anderes, als er ohnehin getan hätte. Er seufzte als Alyssa ihn ansah. Wegen Ascan hätte er eigentlich nein gesagt, aber hier stand offensichtlich mehr auf dem Spiel, als er im Moment verstand. Auch wenn er Ascan nicht leiden konnte, so war er auch nicht dumm und ihm war klar, dass Alyssa recht damit hatte, dass man ihn lieber zum Freund als zum Feind hatte und nach diesem Ganzen hier würde Ascan in ihrer beider Schuld stehen und das konnte nur positiv für sie sein. Also nickte Seymor und lehnte sich im Sessel zurück.
„Ich werde einfach einen verlängerten Spazierflug machen, sozusagen.“ Damit hatte er seine Sache geklärt, der Rest würde nicht an ihm liegen. Er kannte weder Leute, die helfen konnten, wenn man mal von dem kleinen Hexenzirkel absah und der wäre wohl auch nur bedingt von Nutzen, auch wenn er sich sicher war, dass die meisten von ihnen - besonders Faye - alles dafür geben würden, um ein wenig von Ascan lernen zu können.

Das Ganze lief sogar besser als erwartet. Mit Alyssas Unterstützung hatte er fest gerechnet, aber dass sogar Seymor zustimmte, überraschte ihn und zugleich erinnerte es ihn daran, wie brenzlig die Situation sein musste, wenn selbst der Gestaltwandler zustimmte. Auch wenn Seymor es beschönigt ausdrückte, so würde er komplett nach seinen eigenen Bedingungen und Vorstellungen vorgehen. Aber das sollte Ascan recht sein. Selbst wenn er Seymor eines Tages auf seine Seite ziehen konnte, würde dieser kein einfacher Angestellter sein, so viel war Ascan klar. Er würde Befehle nach persönlichem Ermessen ausführte. Seymor wäre viel mehr wie ein weiterer Verbündeter, den man - wenn Not am Mann war - kontaktieren konnte und Ascan hoffte, daas aus dieser Situation zumindest etwas Positives erwuchs und Seymor doch einen Schritt in diese Richtung tat. Also sah Ascan die beiden nochmal an und nickte.
„Ich danke Euch, für eure Hilfe und für euren Beistand. Ich weiß es steht mir eigentlich nicht zu, aber ich möchte auch Dich bitten alle deine Untergebenen noch einmal zu überprüfen auf ihren Hintergrund, denn ich fürchte die schlimmsten Gegner könnten in unseren eigenen Reihen auf uns warten.“ Dabei sah er Alyssa an und bereitete sich innerlich schon auf den Prozess vor, der nun folgen würde. Es konnte Stunden dauern, bis er alle Untergebenen so weit untersucht hatte, dass er ruhig aufatmen konnte und bis dahin würde er womöglich einige für immer entlassen haben, was sicherlich sehr schlecht für die Moral der anderen wäre.
„Ich hoffe, dass alles wird gut für uns ausgehen, doch ich mache mir ernstlich Sorgen wegen dem, was kommen mag und das ist etwas, das ich schon seit Jahrhunderten nicht mehr getan habe.“

Alyssa lächelte Seymor an, als dieser auf seine ganz eigene Art zustimmte. Sie hatte nicht erwartet, dass er zustimmte, auch wenn sie es gehofft hatte. So streckte sie die Hand nach ihm aus und suchte die seine. Verschränkte ihre Finger miteinander und drückte leicht bestätigend. So würden seine Ausflüge, mit denen er Ascans Sicherheitszone bisher passiert hatte, doch noch recht nützlich für den Magier. Jetzt konnte er sicher froh sein, dass Seymor das Gebiet bereits kannte. Wieder ernster und zugleich mitfühlend sah sie Ascan an.
„Du hast uns beigestanden, als wir am Anfang standen, da ist es nur recht wenn der Gefallen unter Verbündeten erwidert wird.“, konterte Alyssa, die es für selbstverständlich hielt, ihre Schuld zu begleichen, auch wenn sie sich selbst sorgte.
„Ich habe vollstes Vertrauen in meine Mitarbeiter, aber wenn es Dich beruhigt werde ich jeden einzelnen noch einmal überprüfen.“ So wohl bei den zwölf Tempeljungfrauen zweifelte sie nicht daran, dass jede zehn mal ihr eigenes Leben für sie geben würde, ebenso zweifelte sie an keinem der ihr unterstellten Vampire, da sie jeden ein dutzend Mal geprüft hatte, bevor sie eine Anstellung in der Residenz erhielten. Aber in ihre Köpf zu blicken war wie atmen für sie. Also würde es nur ein Paar Stunden ihrer Zeit in Anspruch nehmen.
„Das hoffe ich auch, Ascan!“, stimmte sie ihm zu. Und sie verstand seine Sorge und nahm diese durchaus ernst. Damit stand ihr Plan für heute fest: eine Kontrolle der Angestellten. Morgen Recherche und Abordnung. Was aber wieder weniger Zeit mit Seymor verhieß.
Sie verabschiedeten sich nach allen Formen der Höflichkeit und sammelten die beiden Vampirinnen ein, bevor sie das Guardian verließen und Alyssa alle vier in die 15 Kilometer entfernte Residenz teleportierte, wo das Prozedere begann. Alyssa war mehr als froh, als der Tag sich seinem Ende neigte und sie in ihre Privaträume zurückkehren konnte zu Seymor. Sie schmiegte sich müde in seine Arme, bettete den Kopf an seine Brust und war mehr als glücklich, dass er an Tagen wie diesem bei ihr war, dass er geblieben war, dass er sich nicht von ihr abgewendet hatte in der Zeit, als sie kaum sie selbst war.

Sie hatte zurück kommen wollen, aber da sah sie diese Vampirinnen in Blau noch immer vor Ascans Büro stehen. War wohl keine so gute Idee gewesen. Während er sich also mit seinem Besucht befasst hatte, war sie umher gewandert. Dank den vollen Befugnissen, die Ascan ihr erteilt hatte, war es nicht sonderlich schwer das gesamte Guardian zu erkunden. Sie war ganz hinab gefahren in das unterste Stockwerke und hatte von dort aus ihren Erkundungsrundgang auch ohne Baron begonnen, welcher sie allerdings zum Glück später als früher eingesammelt hatte. Der angebaute Teil des Gebäudes war so riesig, dass man sich hätte glatt darin verlaufen können. Da waren neue Forschungslabore, Aufbewahrungsräume, Lager, Aufenthaltsräume für wohl gefährlichere Kreaturen, deren Raserei nur schwer zu kontrollieren war. Personalräume, aber auch ein Paar der alten Zellen waren geblieben. Im Grunde alles begonnen von Wohnräumen bis hin zur Produktion und Handwerk, aber auch die Bibliotheksräume hatten sich erweitert. Sie staunte nicht schlecht und als sie mit ihrer Begehung fertig war, war es bereits später Abend. Sie wollte sich noch die Akten anschauen und versuchte sich bei den Angestellten, die noch Nachtschicht schoben durchzufragen, allerdings war ihre Suche ernüchternd. Sie fand zwar das Archiv schnell, allerdings war es nicht mehr das geordnete Archiv von einst, sondern ein großer Raum übervoll mit elektrisch verschiebbaren Lagerungsregalen, die wiederum gefüllt waren mit grauen Kartonkisten, von denen alle nach Signatur geordnet waren. Dummerweise sagten ihr die Signaturen rein gar nichts und an einige der Kisten kam sie nicht einmal ran, weil ein Paar der Regalreihen so dicht zusammen geschoben waren, dass man gar nicht zwischen sie kam um die Kisten aus den Regalen zu heben. Zudem waren diese Reihen gesichert durch Pins und ließen sich somit gar nicht verschieben. Zermürbt kehrte sie in den ihr zugewiesen Raum zurück und warf sich aufs Bett. Es war angenehm, nicht zu weich und nicht zu hart. Aber es war still. Es waren nur noch wenige Mitarbeiter hier. Recht unzufrieden streifte sie sich die Stiefel ab und blieb leigen, starrte an die Decke.
Sie würde morgen früh zu Ascan gehen müssen. Irgendwie hatte sie Angst. Nicht vor ihm, sondern davor, wie er reagieren könnte. Womöglich war er gekränkt oder verletzt, dass sie sein Geschenk zurückgewiesen hatte. Es war eine aufmerksame Geste gewesen. Vielleicht hätte sie nicht vorschnell ablehnen sollen. Aber jetzt war es zu spät. Aber war der Ring nicht zugleich die Bestätigung, die sie von seiner Seite gesucht hatte?
Ein leises Kratzen an der Tür zog ihre Aufmerksamkeit auf sie. Sie stand auf und öffnete diese. Mit einem leisen Miauen trat Chandra herein, die den ganzen Tag herum gestreunt war. Die schwarze Katze schien sich hier wohler zu fühlen als das Frauchen. Schnurrend rollte sich die Katze zu einem Knäuel zusammen und war bereits eingeschlafen. Dennoch fiel es Katherina nur schwer hier irgendwann tief in der Nacht einzuschlafen. Die Wände waren geladen mit Magie, sie fühlte sich wie im Käfig und innerlich unruhig. Sie und die Wölfin auch und es hatte nichts mit dem bevorstehenden Vollmond zu tun. Irgendwann war sie aber dennoch eingeschlafen.

Am Morgen musste sie feststellen, dass es ja doch nichts half und sie wirklich zu Ascan musste. Sie fragte sich, wie er wohl mit seiner Verwandten verfahren war. Nachdem sie sich der Sachen, in welchen sie - ohne sich zu entkleiden - geschlafen hatte, entledigt und sich in eine schwarze Leggins und einen hellbraunen Wollpullover geworfen hatte, begab sie sich nach einer Katzenwäsche zu Ascan. Es war noch früh am Morgen. Womöglich schlief er noch und war gar nicht da. Sie sollte umdrehen und später wiederkommen. Das wäre wohl besser. Aber sie brauchte etwas zu tun. Ein tiefer Atemzug, dann klopfte sie. Drei Mal. Drei saubere, klare Schläge. Innerlich bereite sie sich darauf vor, aber sie hoffte dennoch, dass kein Herein kommen würde. Ihr Magen zog sich zusammen und zugleich kribbelte es darin.

Als Alyssa und Seymor das Zimmer verließen war bereits ein mehr oder minder großer Tumult vor der Tür zu vernehmen und während Alyssa hindurchsschritt verstummten die aufgebrachten stimmen zwar, doch kaum das sie weg war kehrten sie zurück. Ja er hatte genauso wenig lust jeden einzelnen Mitarbeiter erneut zu prüfen. Einmal wurde immerhin jeder bei seiner aufnahme geprüft und zwischenzeitlich gab es stichproben. Aber die Momentane Situation ließ es nicht anders zu. Nach zwei Stunden hatte er knapp 50 Leute überprüft und ihm war klar das dies noch ein langer Abend werden würde und das er wohl erst recht nicht zu Jeromy kommen würde um mit ihr darüber zu sprechen. Als Baron nach erledigung seiner Aufträge dazustieß und Ascan behilflich war, ging das ganze schneller, dennoch verließ der letzte erst gegen zweiundzwanzig Uhr das Büro und Ascan ließ sich geschafft in den Sessel fallen. Einerseits war er froh, er hatte nicht bei einem einzigen Mitarbeiter auch nur einen Hinweis dafür gefunden das sie auch nur irgendwo anders noch Tätig sein könnten, geschweigedenn verbindungne zu Ariman haben könnten. Dennoch beunruhigte ihn diese Tatsache nur noch mehr, denn damit hatte er erst recht wieder nichts in der Hand. Er tappte völlig im Dunkeln was auch immer sie vor hatten, er wusste nicht wie er es voraussehen könnte. Zudem würde er nun eine gewisse Pause brauchen. Er brauchte Zeit zum Nachdenken und da gab es nur einen Ort an den er gehen konnte ohne zu Riskiéren das ihm wichtige Zeit abhanden kam. Also ergriff er die Kreide und nur wenig später befand er sich wieder im Limbus. Er war in jenem Raum in dem er zum letzten Mal mit Jeromy gewesen war, kurz bevor sie das Guardian verlassen hatte. Die Ruhe war wundervoll und er legte sich einfach hin und schloss die Augen. Ließ sich von der halbdunkelheit ummanteln und horchte in die Stille die Lediglich vom Plätschern des Wassers durchbrochen wurde. Er selbst hatte diesen Raum geschaffen und er war froh das er es getan hatte. Auch ließ er sich die Reaktion Jeromys durch dne Kopf gehen, die er bis dahin beiseite gelegt hatte obwohl er sich am liebsten gleich darum gekümmert hätte. Er holte den Ring aus seiner Tasche und drehte ihn zwischen seinen Fingern. Hatte sie womöglich die Symbolik abgeschrekt? Er selbst verband mit der Ehe wie sie Praktiziert wurde nichts, allerdings hatte ein Ring seit jeher eine bindende Symbolik gehabt. Vielleicht hätte er etwas anderes wählen sollen. Er lag noch einige Stunden da während er versuchte seine Gedanken zu ordnen. Licht in das Netz aus Dunkelheit zu bringen das sich um das Guardian gelegt hatte. Doch es wollte sich ihm nichts erschließen und als seine Gedanken auch bezüglich Sarahs nur noch Kreise zogen und keinerlei ergebnis finden wollten, beschloss er das es Zeit war zurückzukehren. Zeit wieder weiter zu machen. Er musste einfach mehr erfahren ehe er sich einen genaueren Überblick über die Lage machen konnte. Den Rest der Nacht verbrachte er damit sämtliche Bannkreise in und um das Schloss zu erneuern, zu verstärken und zu kontrollieren. Erst in den frühen Morgenstunden kehrte er in sein Büro zurück und begann damit eine Liste zusammenzustellen für die Fachkräfte, was alles zu tun wäre. Als es drei mal klopfte sah er von dem Blatt auf das sich ziemlich gefüllt hatte und welches Barons Freude sein würde es zu überbringen und mit einem wink der Hand ließ er sich die Tür langsam öffnen.

Sie schreckte leicht zusammen, als die Tür ohne ein Wort aus dem Büro einfach aufschwang. Das erste was sie sah, waren Ascans dunkle Augen, die sie anschauten. Sie räusperte sich leise und ihre Nervosität nahm zu, als sie ihn betrachtete. Fast wir früher strich sie in einer nervösen Geste ihren Wollpullover über ihrer Leggins glatt. Doch dieses Mal war es nicht dieses Unwohlsein, welches sie in seiner Nähe empfunden hatte und welches durch seine Macht und Überlegenheit ausgelöst worden war. Dieses Mal war es Vorfreude, die ihren Magen Achterbahn fahren ließ und zugleich auch Angst davor, wie er nun auf sie reagieren würde. Angst vor Ablehnung. Aber noch länger wie eine Statue in der Tür zu stehen, ließ sie nicht gerade besser aussehen. Ihr aufmerksamer Blick musterte seine Gestalt. Er schien müde und Ascan trug die selbe Kleidung wie am Vortag. Sie war zerknittert und trug pudrige weiße Flecken wie von Staub oder Kreide. Ein ungewohntes Bild, das sich ihr bot. Sie kannte Ascan bisher nur gepflegt, nicht dass er nun ungepflegt war. Er war nur einfach nicht so perfekt wie sonst.
„Ich wollte dich nach den Personalakten fragen, da ich sie gestern nicht finden konnte. Aber wenn es ein ungünstiger Zeitpunkt ist, kann ich wiederkommen.“ Besorgt suchte sie den Blick seiner Augen und trat näher an seinen Schreibtisch ohne jedoch Platz zu nehmen, da sie ihn wirklich nicht abhalten wollte, falls er so viel zu tun hatte, wie es den Anschein hatte.
„Hast du etwa die ganze Nacht durchgearbeitet?“, fragte sie etwas ungläubig.

Es dauerte ein paar Sekunden, bis er aus seinen Gedanken heraus erkannte, dass es sich bei dem morgendlichen Besucher nicht um Baron handelte, dem er bereits die fast fertige Liste übergeben wollte, sondern um Jeromy, die kurz abwartend in der Tür stand. Seine Mimik erhellte sich, als er sie sah, er war tatsächlich sehr froh, dass sie von sich aus gekommen war. Er hatte befürchtet, dass es wieder so sein könnte wie zu dem Zeitpunkt, bevor sie nach Russland gegangen war und sie ihn vorerst ignorierte. Doch sie stand in der Tür und kam dann auf ihn zu. Er suchte auch ihren Blick und lächelte freundlich.
„Kein Wunder, dass du sie nicht finden konntest. Direkten Zugriff darauf haben nur Baron und ich.“ Bei ihrer nächsten Frage zuckte er mit den Schultern.
„Ich habe auch schon für weniger beunruhigende Zukunftsmöglichkeiten, Nächte wach verbracht. Allerdings habe ich mir ein paar Stunden im Limbus gegönnt.“, sagte er zu ihrer Beruhigung.
„Wenn du möchtest, kann ich dich gleich hier einloggen, ich bin zwar auch kein Freund von diesem neumodischen digitalen Zeug, allerdings erleichtert es die Arbeit tatsächlich ungemein.“ Er begann damit auf der Tastatur des bereits laufenden Computers herumzudrücken und stand dann auf und wies ihr den Platz zu.
„Ich kann leider nicht riskieren, sie ausdrucken zu lassen, da viele meiner Angestellten Hintergründe haben, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Selbst nicht für die magische und die Gefahr einer Spionage oder eines Schmuggels wäre in Papierform einfach zu groß.“ Dann suchte er wieder ihren Blick und verstummte für einen Moment. Er war froh, dass sie gekommen war, wenn auch nur um die Akten einzsehen.
„Ich bin froh, dass du hier bist.“, fügte er noch mit einem Gesichtsausdruck hinzu der selbiges unterstützte. Am liebsten hätte er noch mehr gesagt. Noch mehr getan, allerdings war er sich nicht sicher, ob Jeromy das, was sie vor ein paar Tagen in Russland zu ihm gesagt hatte auch noch immer so gemeint war.

Als er sie anlächelte fiel ihr ein Stein vom Herzen. Er freute sich, dass sie hier war und war weder verletzt noch wütend auf sie. Zumindest, wenn er es war, dann zeigte er es nicht. Und während er erklärte kam sie noch weiter auf ihn zu. Vor seinem Schreibtisch angekommen, sah sie eine lange Liste vor ihm liegen und sie schmunzelte. Nicht nur seine Worte belegten, dass er den modernen Kram nicht mochte, sondern auch diese in sauber geschwungener Handschrift verfasste Liste. Er tippte schnell auf die Tasten ein, derweil ging sie unaufgefordert um den Schreibtisch herum zu ihm. Langsam genug um ihm die Zeit zu lassen und nicht in seine Passwörter spitzeln. Als er aufstand und ihr seinen Platz überließ, blieb sie ganz dicht vor ihm stehen und schaute zu ihm herauf. Ascan schwieg und erwiderte ihren Blick lediglich. Seine Worte unterstrichen noch, was sie bereits in seinen Augen zu lesen glaubte. Sie war auch froh hier her gekommen zu sein. Und dann war da dieser Moment. Eine sonderbare Spannung baute sich zwischen ihnen auf. Wie versteinert schaute sie in seine Augen. Ihre Hand streifte die seine und dann warf sie ihre Vorsicht über Bord und tat das, was sie bei der Wölfin gelernt hatte: frei nach Impuls handeln. Sie schlang ihre Arm um seinen Hals, drückte sich an ihn, musste sich etwas strecken um ihre Lippen auf seine zu pressen und küsste Ascan sehnsüchtig. Sie konnte seine Anspannung, seine Beunruhigung fühlen. Ablenkung war womöglich nicht die beste Idee und dennoch konnte ihm ein Moment der Ablenkung und Entspannung nicht schaden. Denn auch für sie war es der erste Moment, seit sie hier war, indem sie sich wohl fühlte, indem es sich richtig anfühlte, so wie in der Nacht in Moskau. Sie küsste ihn lange und ihre Hände wanderten in seinen Nacken, vergruben sich in sein Haar und streichelten ihn sanft im Nacken. Auch als sie ihre Lippen von seinen löste, bleib sie an Ascan geschmiegt.
„Es tut mir Leid. Ich bin mitverantwortlich, dass sie wieder auf dich aufmerksam geworden sind.“ Wieder küsste sie ihn, dieses mal allerdings flüchtiger, grinste Ascan dann allerdings frecher an, als sie zu dem Platz herüber nickte, den er ihr geräumt hatte.
„Ich will dir nicht deinen Arbeitsplatz streitig machen!“ Und seine Arbeit erst recht nicht.