Hayley hörte Ian zu, aber seine Worte machten für sie nicht wirklich Sinn. Sie war hier der Werwolf und konnte ihn nicht zurücklassen. Oder aber er hatte später noch Einiges zu erklären, wenn er doch kein gewöhnlicher Mensch war. So langsam zweifelte Hayley nämlich daran. Sein ganzes Verhalten passte nicht dazu. Sie wollte widersprechen, doch ihr Mund klappte wieder zu und sie folgte mit einem Nicken seinen Anweisungen und rannte los in die entgegengesetzte Richtung. Auf das Gebäude zu, in dem sich besagter Professor Draven befinden sollte. Hayley nahm den ersten breiten Eingang, schob die große Glasschwingtür auf, die nicht abgesperrt war und rannte hinein. Ihre Schritte hallten durch das leere Gebäude. Das war auch der einzige Laut, der im Inneren zu hören war. Ihr fiel auf, dass es hier drin merklich wärmer war. Vermutlich auch, weil sie sich bewegte. Sie war zwar nicht groß oder stark, dafür schnell. Dann der erste Treppenaufgang. Eine weite, marmorne Wendeltreppe mit pompösen Baluster. Geld hatte diese Uni. Erste Stock. Zweiter Stock. Und nun? Der breite Flur vor ihr führte in zwei Richtungen. Aber sie hatte nicht viel Zeit. Keine Zeit zu verlieren. Da! Ein Plan. Büros nach rechts. Na bitte! Sie rannte nach recht, verlangsamte jedoch ihre Schritte um die Aufschriften zu lesen. Dr. Miller, Geschichte. Prof. Dr. Rivers, Soziologie. Murray, MA, Gender Studies. Dr. Draven. Anthropologie. Bingo! Ohne lange zu zögern stieß Hayley die Tür. Da das auch der einzige Raum war, aus dem Licht zu kommen schien. Sie sah einen Mann mir wirren, ergrauten Harren in einem großen Ledersessel vor einem antik wirkenden Schreibtisch sitzen. Die Regen rechts und links von ihm waren vollgestopft mit Büchern. So musste ein Professor aussehen. „Sind Sie Dr. Dravens?“, fragte sie unnötigerweise. „Kennen Sie einen Ian Bennett? Er schickt mich um...“, ja was um was denn, fragte sich Hayley in diesem Moment. Würde er ihr glauben? Würde er überhaupt helfen können? „Dort draußen hat gerade ein Dämon sechs Studenten getötet. Also entweder kennen Sie sich mit dem Kram aus oder sie sollten die Polizei rufen!“, platze es aus ihr heraus.
„Da ist er ja. Der Engel!“, kam es entzückt von Aeshma. Das Mädchen klatschte vergnügt in die Hände und schaute Ian an. Es legte den Kopf schief und schaute ihn aus seinen tief roten, unergründlichen Augen an. „So, dein Schoßhündchen ist also in Sicherheit!“, kommentierte sie und blickte etwas skeptisch unter ihrer großen, roten Mütze hervor, als sie Hayley nachblickte. „Glaub ja nicht, dass sie nun sicher ist. Sie werde ich mir später auch noch holen.“ Damit stöckelte sie weiterhin auf Ian zu. „Und du? Gehörst du etwa auch zu diesen Dumpfbacken?“, fragte sie im Plauderton. „Oder wolltest du mich in eine Falle locken?“ Damit kam sie immer näher und näher auf Ian zu. Ohne jegliche Hast oder Wut. Viel mehr mit aufrichtiger Erheiterung. Sie schien das Ganze hier als Spiel aufzufassen. „Also?!“, wurde sie nun doch ungeduldiger, während sie über die blutenden Leichen stieg, deren Blut schon sehr bald auf dem Steinboden gefrieren würde.
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Thema: Re: Willkommen in Boston 02.08.14 9:22
Ian verschränkte die Arme und sah demonstrativ auf die Fingernägel der einen Hand, welche er anhob, als sei es so ziemlich das Spannendste, was hier gerade passiert wäre. „Du meinst diese Dumpfbacken, die zu blöd waren dich in einen Käfig zu sperren. Jetzt rate mal ob das eine Falle von mir gewesen sein könnte.“ Sein Blick richtete sich auf zu dem kleinen Mädchen. „Außerdem bist du verdammt unhöflich. Ich werde dir auch nichts verraten, wenn du mir nicht auf meine Frage antwortest: welcher Film war das?“ Etwas Zeit zu schinden war eine gute Idee, fand Ian. Er wusste von Professor Draven, dass er mittlerweile das Verbot bekommen hatte, Dämonen alleine anzugreifen. Und wie er ihn kannte, würde er Hayley erst einmal über ihre Lebensgeschichte ausfragen, bevor er seinen Hintern hier her bequemte. Also hieß es etwas über diesen Dämon herausfinden, solange er noch allein war. „Aber du kannst mir deinen Namen sagen, dann wären wir quitt, was dein vorlautes Mundwerk angeht und ich werde dich vielleicht nicht töten, sondern in unseren kleinen Zoo bringen. Was hältst du davon?
„Draven, ohne 's'“, korrigierte der ebenso antik wirkende Professor, wie es seine Möblierung tat. „Nun beruhigen Sie sich erst einmal, meine Liebe. Setzen Sie sich Miss.“ Draven bot ihr einen riesigen Sessel an, der vor seinem Schreibtisch stand, worin die junge Frau wohl eher versinken würde als bequem zu sitzen. Es wirkte fast so, als hätte der Professor eine Vorliebe für einen anderen Professor, der viele Jahre vor ihm gelebt hatte. Dieser hatte bekanntlich erst einmal alle auf „die Couch gelegt“. Draven zupfte seine rote Fliege zurecht, die sein braunes, ebenfalls irgendwie alt wirkendes, kariertes Sakko zierte, sowie das Hemd darunter. „Sie sagten etwas von Dämonen. Und Ian?“ So wie er fragte, hörte es sich tatsächlich so an, als würde er den Verstand der ihm Gegenüber testen, ob sie überhaupt wusste, was sie da redete. „Und sie sind wer?“
Hayley schaute den Professor an, als hätte der Gute nicht mehr alle Tassen im Schrank. Beruhigen? Sich setzen? War das sein Ernst? War er vielleicht bereits zu senil, als dass sein Gehirn die Informationen von eben verarbeitet hatte? Aber dann würde er kaum weiterarbeiten. Hayley dachte nicht daran sich zu setzen. Dafür war nicht die Zeit. Sie nahm gern in Kauf, dass der Doktor sie für unhöflich hielt. Aber alle Höflichkeiten waren überholt, wenn es um ein Menschenleben ging. „Ich bin... ähm... eine Freundin von Ian. Mein Name ist Hayley.“, stellte sie sich unverfänglich vor und fuhr dann fort: „Und ja. Ian und ein Dämon. Vielleicht ist es ja hier normal, dass so etwas passiert! Eine Gruppe von Studenten hat dort draußen eben mit einem miserablen Bannzauber einen Dämon aus der Hölle gerufen, der alle sechs Studenten ermordet und eine Studentin besessen hat. Ian hat mich zu Ihnen geschickt. Aber wenn Sie ihm nicht irgendwie helfen können, das Ding dort draußen zurückzuschicken, wo es herkam, dann vergessen Sie einfach, dass ich hier war.“ Die Worte spurdelten aus Hayley nur so heraus. Entweder er wusste jetzt einen Weg oder er hielt sie für eine völlig irre. Aber sie hatte gerade keine Zeit sich um einen alten Herrn Gedanken zu machen und ob dieser sie für krank hielt oder nicht. Damit machte sich Hayley bereits wieder daran aus dem Zimmer hinaus zustürmten. Entweder das reichte um den Mann aufzurütteln oder sie wären auf sich allein gestellt. Wenn Ian noch lebte.
Aeshma blieb also vor Ian stehen und betrachtete ihn. Die Augenbrauen wanderten zusammen, der Blick wurde prüfender. Gut, dann war es eben keine Falle. Dann war er eben zur falschen Zeit am falschen Ort. Dann legte das Mädchen einen Finger an die Lippen und überlegte. Tatsächlich. Der Blick wurde kurz abwesend und fokussierte Ian nicht mehr. „Hm... ich weiß nicht mehr, welcher Film das war. Irgendetwas gruseliges, was ich in den Gedanken eines Sterblichen gesehen habe, dessen Seele ich mir vor ein Paar Jahren geholt hab...“, gab das Mädchen zu, als sei es das Normalste auf der Welt. „Ich bin Aeshma. Und mit wem habe ich das Vergnügen?“, fragte sie interessiert und überlegte dann weiter, während sie sich daran machte einen Kreis um Ian herum ganz langsam abzulaufen. „Wie wäre es mit einem anderen Vorschlag. Ich lasse dich am Leben und erfülle dir drei Wünsche, die du begehrst.“ Ihre Stimme wurde leiser und verheißungsvoll. Fast schon lockend. Dann blieb sie wieder stehen, schaute Ian an und streckte ihm die linke Hand entgegen.
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Thema: Re: Willkommen in Boston 02.08.14 16:12
Ian blickte auf die Hand des Dämons und prustete los. „Drei Wünsche? Bist du einer dieser blöden Djinn?“, lachte er weiterhin, sichtlich seine Gegenüber aus. „Das lass mal schön bleiben. Es sei denn, du willst dich damit freiwillig umbringen, das wäre nämlich mein erster Wunsch. Außerdem Kannst du mit meiner Seele gar nichts anfangen. Engel und so, weißt du? Und überhaupt, was ist Aeshma eigentlich für ein Name? Für ein Waschmittel? Kaufen sie jetzt 3 Packungen Aeschma und bekommen sie gratis dieses Bügeleisen dazu. Hast du dir den selber ausgesucht? Oder hat deine Mama nichts besseres gefunden für ein so hässliches Etwas, das sie sicher nicht gerne ihr Kind genannt hat!“, fing Ian an den Dämon zu reizen. Es könnte ja klappen... Zumindest wenn sein Timing so in etwa stimmte. Der Weg für Hayley war nicht weit. Und auch wenn Draven mal wieder herumplapperte, hatte er sicher schon die anderen Alarmiert. Hoffentlich ließ er Hayley bei sich im Büro, damit sie in Sicherheit war. „Außerdem ist es Forrest Gump du Hinterwäldler-Dämon. Ist wohl das letzte Mal in den 50ern des letzten Jahrhunderts gewesen, dass du mal ne' Seele abbekommen hast, oder? Lassen dich deine Freunde nicht raus zum spielen?“ Jetzt wurde er jedoch ernst und fixierte den Dämon mit kaltem Blick. „Also wir können das einfach oder schwer machen, ganz wie du willst. Lass das Mädchen frei, dann geschieht dir nichts. Wenn du dich aber wehrst, ist mir das Mädchen auch egal, denn dann hast du zumindest einen Körper um die Schmerzen zu spüren, die ich dir zufügen werde. Also, A oder B, Waschmittel?“
Hayley war bereits zur Tür raus, als sie noch das Rascheln von Stoff hörte. Das leise Tippen, das nur Finger auf einem Display machen konnten. Und dann die Stimme des Professors. Er sprach mit jemandem, der herkommen sollte. Er auch immer es war, Hayley hoffe, dass es Hilfe war. Und wieder dachte sie sich, dass sie doch nur hätte besser aufpassen sollen, als die gewöhnlichen Bannzauber und Kreise. Bald übertönten ihre Schritte die Stimme des alten Mannes und sie bewegte sich wieder in Richtung Ausgang. Verlies das Gebäude und rannte quer über den Platz. Durch den Schnee auf Ian zu. Dem Himmel sei Dank, er war noch am Leben und völlig unversehrt. Doch je näher Hayley kam, desto langsamer wurden ihre Schritte, desto schärfer ihr Blick und ihr Gehör. Der Dämon vor ihr schien mächtig wütend zu sein. Jedenfalls ließ der säuerliche und verdrießliche Gesichtsausdruck das vermuten. Lieferten die sich da etwa einen Battle-Rap? Doch mit einem Mal erhellten sich die Züge des Mädchens wieder. Als Hayley nur noch knappe fünfzehn Meter von den beiden entfernt war, blieb sie stehen. Sie ahnte nicht Gutes. Eine Gänsehaut wanderte über ihren gesamten Körper, obwohl ihr ganz und gar nicht kalt war. „Du hast recht!“, gab der Dämon zu. „Ich war schon sehr, sehr lange nicht zum Spielen draußen... Aber wenn ich Lösung A nehme und diese Hülle, dieses Mädchen gehen lasse, dann musst du mir versprechen, dass du mich leben lässt!“, forderte der Dämon. „Versprichst du es?“, fragte sie noch einmal nach. „Was soll ich denn so ganz ohne Hülle hier?“ „Das ist eine Falle, Ian!“, rief Hayley ihm zu. Sicher war es das. Sie setzte sich wieder in Bewegung, auf Ian zu. Da Hayley den ersten Teil der Unterhaltung nicht mitbekommen hatte, ging sie fest davon aus, dass der Dämon sich stattdessen Ian krallen würde, wenn er einwilligte.
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Thema: Re: Willkommen in Boston 02.08.14 17:03
„Hayley! Ich sagte doch, du sollst gehen. Mit dem Möchtegern-Dämon werd ich schon allein fertig.“, meinte er selbstsicher und doch konnte man jetzt dieses leichte Zittern hören, wenn man genau hinhörte. Ganz genau! Denn nun ging es nicht mehr um ihn selber, sondern um Hayley, um die er jetzt Angst hatte. Warum hatte Draven sie nicht festgehalten? Verdammter flinker Werwolf! „Aber zurück zu dir, Waschmittel. Dich nicht töten? Einverstanden. Du kommst in den Zoo. Da hast du ganz viele deiner Kumpels zum Spielen. Die sehnen sich nach nem Weichei wie dir. Dann kannst du deren Prügelpuppe werden oder was auch immer du sonst willst. Aber jetzt lass das Mädchen gehen. Unversehrt. Dann gibt's auch keinen Stress, verstanden?“ Wo zum Teufel war die Verstärkung? Der Dämon wusste genau wie er, dass er sich auch einfach aus dem Staub machen konnte. Und Ian war zu wenig mit Magie und Bannzaubern bewandert, als dass er das Ding einfangen konnte. Er brauchte seine Leute hier und zwar schnell. Sie würden sowieso hier in der Nähe sein, hoffte Ian. Aber ehrlich gesagt, war er ja auch den ganzen Tag nicht in der Nähe, also warum sollte es einer seiner Kampfgefährten sein? Schließlich sah er doch, dass Draven durch den Schnee stapfte und mal wieder völlig deplatziert wirkte in seiner Aufmachung. Als Deva war er ihm eindeutig lieber. Aber was sollte man machen? Das Aussehen war ihnen nun mal gegeben. Und Draven war eben schon ein etwas älteres Semester.
„Einverstanden!“, kam es entzückt von dem Dämon. Er klatschte in die Hände und ging an Ian vorbei. Das war doch ein guter Deal! Besonders, wenn man noch so schwach war und noch mehr von diesen Devas hier auftauchten. Der Dämon steuerte auf Hayley zu und dann geschahen einige Dinge gleichzeitig. Eben noch war das Mädchen auf Hayley zugegangen, als dann ihr Körper leblos in den Schnee sank. Ihre Lippen waren leicht geöffnet. Die Augen verdrehten und schlossen sich dann. Der Brustkorb hob und senkte sich sich langsam. Sie lebte also noch. Als Einzige. Dort wo zuvor noch das Mädchen gestanden hatte, stand nur ein schwarzer Schemen. Keine wirklichen Konturen waren zu erkennen. Nur das leuchtende rot zweier Rubine. Und ein leises Lachen, das klang wie das Knirschen von Papier. Rau und heiser. Zischend. „Ich kann warten... Dann nehme ich mir eben etwas, was noch keine Seele hat...“, murmelte es und schwebte. Ja, es schien über den Schnee zu schweben, mit rasanter Geschwindigkeit auf Hayley zu. Der Schatten schien direkt in sie zu fahren. Hayley schnappte nach Luft, da der stechende Schmerz die gesamte Luft aus ihren Lungen presste und sackte nach vorn auf alle Viere. Sie gab so etwas wie ein schmerzerfülltes Wimmern von ihr. Ihre Hände gruben sich tief in den Schnee. Das Haar fiel nach vorn und verdeckte dabei ihr Gesicht. Ihr Körper zitterte und an ihren Händen konnte man zu deutlich die Veränderung erkennen. Aus ihren Fingern wuchsen Krallen, ihre Hände wurden kleiner. Ihre gesamte Gestalt schien kurz die Form zu verändern, bevor sie wieder menschlich wurde. Immer wieder waren ihre tiefen Atemzüge zu hören. Als sie gegen den Schmerz ankämpfte und um Selbstbeherrschung mit sich selbst rang. Es dauerte nur wenige Sekunden. Und dennoch kam es ihr ewig vor, bis sie wieder die Kontrolle über sich hatte. Aber nicht lange. Noch während sie da regelrecht im Schnee kauerte, begann sie wieder zu zittern. Hayley konnte ihr Schluchzen nicht unterdrücken. Panik machte sich in ihr breit. Es würde wohl noch weitere Sekunden dauern, bis sie tatsächlich aufstehen konnte. Stattdessen legte sie den rechten Arm um sich, als versuchte sie sich zu schützen und versuchte sich mit dem linken aufzurichten.